Die aktuellen Medienberichte (darunter auch SRF), nach denen Terrorgruppen wie Isis sich unter anderem mit Erlösen aus dem illegalen Kunsthandel finanzieren, sind für Ursula Kampmann unhaltbar. Sie ist Kulturgüterschutz-Beauftragte bei der internationalen Antikenhändler-Organisation IADAA.
Besonders stört sie an den aktuellen Berichten, dass allen Kunsthändlern per se unterstellt worden sei, Papiere zu fälschen und gestohlene Objekte wissentlich zu verkaufen. Das sei so mit Sicherheit nicht wahr.
Die Gesetze sind streng, gerade in der Schweiz
Natürlich gebe es im Kunsthandel wie in jeder Branche schwarze Schafe. Aber die Mehrheit der Händlerinnen und Händler seien sehr bedacht darauf, kein Diebesgut zu kaufen und zu verkaufen. Man kenne die Zwischenhändler seit Jahren und kläre die Provenienz sorgfältig ab.
Diese Einschätzung bestätigt der Kunstmarkt-Experte Christian von Faber-Castell. Die Gesetze seien in den letzten Jahren stark verschärft worden: Gerade die Schweiz habe mit dem Kulturgütertransfergesetz von 2005 ein strenges Instrument geschaffen.
Der kleine Unterschied
So streng, dass sich kaum ein grosses Auktionshaus oder ein seriöser Händler mehr erlauben könne, bewusst Raubgut zu kaufen: «Das Risiko für einen Händler oder Sammler, erwischt zu werden, ist gross. Es mag möglich sein, Papiere zu fälschen, Aber das lohnt sich gar nicht für kleine Objekte – und grosse Objekte sind im Antikenmarkt viel zu selten», so Christian von Faber-Castell.
Doch genau diese Unterscheidung zwischen kleinen und grossen Objekten ist möglicherweise der springende Punkt: Wenn bedeutende und bekannte Objekte aus Syrien derzeit unverkäuflich sind, muss das nicht für römische Münzen oder kleine phönizische Statuen gelten.
Die sind zwar für Auktionshäuser wie Christie`s nicht attraktiv, weil man damit zu wenig Gewinn machen kann. Für kleinere Händler könnten aber Statuetten und Münzen aus Syrien durchaus interessant sein.
«Eine Kiste mit antiken ägyptischen Objekten»
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Denn sie stünden nicht unter so strenger Kontrolle wie die bedeutenderen Kulturgüter, meint Kunstexperte Christian von Faber-Castell. Möglicherweise mache die Terrorgruppe Isis also ihr Geschäft mit dem Verkauf zahlreicher kleinerer Objekte: «Wenn 100 Leute je ein Objekt von 5000 Franken verkaufen, dann haben sie auch schon wieder 500‘000 Franken.»
Kommt dazu: Bei kleineren Objekten ist es schwieriger nachzuweisen, woher sie stammen. Das bestätigt auch Ursula Kampmann von der Antikenhändler-Organisation IADAA: «Vor allem im geringpreisigen Sektor hat man diese Dinge ja nie abgebildet. Oder man hat Exportlizenzen ausgestellt, auf denen aber einfach steht: ‹Eine Kiste mit antiken ägyptischen Objekten›»
Womit darf noch gehandelt werden?
Ginge es nach Archäologinnen und Museumsvertretern, würde mit solchen Objekten generell kein Handel getrieben, sagt Ursula Kampmann. Die Beweislast würde so Händlerinnen und Sammlern aufgebürdet: Fehle für ein Objekt ein eindeutiger Herkunftsnachweis, müsste der Handel die Finger davon lassen.
So hat der internationale Museumsrat ICOM kürzlich eine rote Liste mit syrischen Kulturgütern publiziert. Darunter sind laut Ursula Kampmann auch hellenistische Münzen, die nicht nur in Syrien, sondern auch in Sizilien oder in Ägypten zu finden sind. «Wenn ich das ernst nehme, was die Leute dort schreiben, darf ich überhaupt nichts mehr handeln», sagt sie.
Archäologie gegen Kunsthandel: Zwischen den beiden Gruppen ist ganz offensichtlich ein Grabenkampf im Gang. Letztendlich geht es dabei auch um die Frage, ob mit archäologischen Objekten überhaupt Handel getrieben werden darf. Oder ob sie ganz generell in ihrem Herkunftsland bleiben sollten.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktualität, 28.7.2014, 6.45 Uhr.