Die «Ars moriendi», die Kunst des Sterbens, beschäftigt Hans Küng schon seit den 1950er-Jahren. Damals ist sein Bruder Georg qualvoll an einem Gehirntumor gestorben. Im vergangenen Jahrzehnt dann musste der in Tübingen lebende Schweizer Küng miterleben, wie sein Hausnachbar und Freund, der grosse Rhetorik-Professor Walter Jens, dem Tod in schwerer Demenz entgegen dämmerte.
Als sich bei Küng dann nicht nur diverse Altersleiden einstellten, sondern ihn auch die heimtückische Parkinson-Krankheit in immer schwereren Schüben zu quälen begann, stand für ihn fest: Er wird sein Leben nicht künstlich verlängern, sondern die Dienste einer Schweizer Sterbehilfeorganisation in Anspruch nehmen.
Mit sich im Reinen sein
Im Oktober des letzten Jahres erschien der dritte Teil der Küngschen Biografie unter dem Titel: «Erlebte Menschlichkeit». Darin bekannte sich der fromme Katholik eindeutig zum selbstbestimmten Sterben und löste vor allem in Deutschland, wo die entsprechende Gesetzeslage noch sehr rigide ist, heftige Debatten aus. Der Berliner Bundestag wird diesen Herbst über ein neues Sterbehilfegesetz diskutieren.
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Hiess im letzten Jahr Küngs Motto noch «Menschenwürdig sterben», so heisst der jetzt erschienene Gesprächsband «Glücklich sterben?». Befragt wurde Hans Küng von der ARD-Talkmasterin Anne Will. Glücklich sterben, so definiert es Küng, heisst nicht ohne Wehmut und Abschiedsschmerz, aber eben zufrieden, mit sich im Reinen, mit innerem Frieden.
«Noch voll Mensch» sterben
Wann dieser Zeitpunkt gekommen ist, lässt Küng offen. Dass er ihn selber bestimmen will, steht hingegen ausser Frage. Wobei er klar betont, dass er niemandem etwas vorschreiben will. Jeder müsse für sich selber wissen, wie er etwa mit einer angehenden Demenz umgehen wolle. Doch er, Hans Küng, habe sich vorgenommen so zu sterben, dass er «noch voll Mensch» sei und nicht reduziert auf ein vegetatives Dasein.
«Werden Sie in die Schweiz gehen zum Sterben?», fragt Anne Will zum Ende ihres in Buchform gefassten Gespräches. «Ja», meint Theologe Küng. Er könne es sich als Schweizer Bürger sehr wohl vorstellen, in seinem Haus am Sempachersee zu sterben.
Aktuelle Debatte in Deutschland und in der Schweiz
«Glücklich sterben?» ist ein kleines, unaufgeregtes Diskussionsbuch. Es kommt in einer Zeit, in der in Deutschland die grosse Debatte über selbstbestimmtes Sterben beginnt und man in der Schweiz über den so genannten Sterbetourismus aus Deutschland diskutiert. Und es ist die Erkenntnis eines grossen Theologen, dass zur Ehrfurcht vor dem Leben auch ein bewusstes und menschenwürdiges Sterben gehört.