2013 erschien in der renommierten Fachzeitschrift «American Sociological Review» eine Studie zu Sex und Hausarbeit, die mächtig Wellen warf. Das Ergebnis der Studie: Paare mit einer traditionellen Arbeitsteilung – die Frau kocht, wäscht und putzt; der Mann montiert gelegentlich eine Lampe und poliert das Auto – hätten, so die Studie, im Schnitt öfter und besseren Sex als Paare, die sich diese Arbeiten aufteilen.
Dieser Befund fand weltweit enorme Resonanz. Doch stimmt er auch? Nein, sagt die Sozialpsychologin Diana Sanchez von der Rutgers University in New Jersey. Denn die Antworten der befragten Paare zur Aufteilung der Hausarbeit und zur Häufigkeit und Qualität des Sex seien veraltet. Sie stammen aus den 1990er-Jahren.
Welches Sex-«Drehbuch» darf es sein?
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Eine aktuellere, noch unveröffentlichte Studie zeigt hingegen: Paare mit traditioneller Rollenaufteilung haben im Schnitt gleich oft und gleich guten Sex wie solche, die die Haushaltsarbeit ungefähr hälftig teilen. Nur jene Paare, bei denen der Mann viel mehr Hausarbeit erledigt als die Frau, berichten über weniger und schlechteren Sex.
Das traditionelle Modell schneide deswegen gleich gut wie das gleichberechtigte ab, weil Männer und Frauen in heterosexuellen Beziehungen nach wie vor quasi nach einem traditionellen «Drehbuch» Sex hätten, in dem der Mann dominant und initiativ zu sein habe, die Frau hingegen reaktiv und unterwürfig, meint Diana Sanchez. Doch dieses «Drehbuch» werde viel zu stark erotisiert.
Törnt Unterwerfung an?
Sanchez eigene Forschung zeigt hingegen: Den besten Sex haben jene Paare, bei denen die Frau es geniesse, gleichermassen bestimmend zu sein wie der Mann.
Natürlich sei nichts einzuwenden gegen Sex, bei dem Mann und Frau das Spiel mit dem traditionellen Drehbuch von Macht und Unterwerfung ausdrücklich suchten, sagt Sanchez. Doch im Durchschnitt enge diese Rollenverteilung ein und führe zu weniger Zufriedenheit.
Geringe Unterschiede zwischen Mann und Frau
Doch machen nicht gerade die Unterschiede zwischen Männern und Frauen die Anziehung zwischen ihnen aus? Völlig unterschiedliche Bedürfnisse hätten Männer und Frauen biologisch bedingt nicht, sagt Diana Sanchez. Die Unterschiede seien zu grossen Teilen ein Produkt sozialer Normen. Und auch wenn es da und dort Differenzen gebe, seien diese klein . Das zeigen auch gross angelegte Übersichtsstudien .
Die Wissenschaft unterstützt die Vorstellung also kaum, dass der Mann als Verführer und die Frau als Verführte generell zufriedener sind – und auch nicht, dass die Gleichstellung der Geschlechter dem Sex generell abträglich ist.