Wien – Lemberg –– Berlin – Frankfurt – Jerusalem: Das waren nur einige Stationen seines Lebens. In Basel nahm er an Zionistenkongressen teil, in Zürich studierte er. Mit Franz Rosenzweig zusammen übersetzte er die hebräische Bibel ins Deutsche. Als er 1938 von den Nazis aus Deutschland vertrieben wurde, bedeutete das auch das Ende dieser deutsch-jüdischen Denkschule. Doch ihr Erbe lebt weiter.
«Ich habe keine Lehre, ich führe ein Gespräch.»
Martin Buber legte die Basis für den interreligiösen Dialog. Hierin engagiert sich auch der heutige Mitherausgeber seiner Werke, der Tübinger Theologe und Literaturwissenschaftler Karl-Josef Kuschel. Er kritisiert, dass christlicher Antijudaismus und christliche Überheblichkeit gegenüber dem Judentum noch lange nicht überwunden sind. Darum sei Buber immer noch hochaktuell. «Jeder Mensch hat einen Zugang zu Gott, aber jeder einen anderen», so lehrte Buber interreligiöse Toleranz.
Ein Religionsphilosoph, der Religion kritisiert
In seinem neuen Buber-Buch nennt Karl-Josef Kuschel Martin Buber auch einen der schärfsten Kritiker real existierender Religionen. Seine auf die persönliche Beziehung des Menschen zu Gott ausgerichtete Philosophie unterläuft religiöse Hierarchien und widerspricht jedem Fundamentalismus. Anstelle institutionalisierter Religion favorisierte Buber die Begegnung vom Ich mit dem Du. Das biblisch-jüdische Gottesbild vom grossen DU überträgt er auf die Beziehung vom Ich zum menschlichen Du. Damit formuliert Buber weiter, was schon in seiner jüdischen Bibel steht: Wahre Gottesliebe erweist sich in echter Nächstenliebe. Und mehr noch: Das Ich kann nur in der Beziehung zum Du sein. Beziehung und Dialog werden also existentiell.
Ein Land für zwei Völker
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Martin Buber war auch eine zentrale Figur im Zionismus. Er prägte den sogenannten «Kulturzionismus». Darin ging es um die Weitergabe jüdischer Kultur, Bildung und Ethik. Buber formulierte einen biblischen Humanismus in moderner Sprache. Er nennt ihn auch «hebräischen Humanismus». Konkret umsetzen wollte er seine Ideen in sozialistisch-jüdischen Kommunen im Lande Israel. Was reichlich idealistisch erschien, konnte zum Teil sogar gelebt werden in den Kibbuzim.
«Einen Judenstaat mit Kanonen, Flaggen und Orden?» – nicht mit Buber! Eine Staatsgründung war für Buber zunächst zweitrangig. Doch die Realpolitik drängte, weil immer mehr jüdische Holocaustflüchtlinge Sicherheit brauchten. Jedoch hatte sich Buber einen anderen Staat gewünscht als den, der 1948 gegründet wurde.
Bis in seinen allerletzten Aufsatz von 1965 hinein plädierte er für einen binationalen Staat. Im dialogischen Miteinander mit den Arabern wollte er einen Staat für beide Völker, für Juden und Araber. Darauf bezieht sich die israelische Friedensbewegung bis heute.