Richtig liegen will jeder und jede, denn wer gesteht schon gerne Fehler ein. Gerade im Glauben scheint es besonders wichtig, auf der «richtigen» Seite zu sein, die «richtige» Lehre zu vertreten. Und genau deshalb hat fast jede Religion auch einen orthodoxen Zweig. Denn «orthos» heisst richtig und geradlinig, «doxa» bedeutet Meinung und Glaube. Also der richtige Glaube, die Rechtgläubigkeit.
Orthodox und ultraorthodox
Dieser richtige Glaube lässt sich auch noch steigern – richtiger als richtig sozusagen: So bezeichnet man bestimmte jüdische Gruppen ultraorthodox. Allerdings nennen sie sich selber nicht so. Der Begriff wurde ihnen von liberaleren Juden zugeschrieben. Sie benutzten das Wort orthodox abwertend, wie es lange Zeit im Christentum gebräuchlich war.
Die sogenannt ultraorthodoxen Juden und Jüdinnen sind konservativ und halten ganz streng alle jüdischen Gesetze ein. Und gerade deswegen ist der Begriff orthodox für diese Gruppen nicht ganz zutreffend. Klar halten sie ihren Glauben für richtig, doch geht es ihnen viel mehr darum, alle Gesetze einzuhalten. Dies jedoch ist nicht ein Kennzeichen der Orthodoxie, sondern der Orthopraxie – der richtigen Praxis.
Orthodox als Abgrenzung
Im Christentum war orthodox lange ein negativ besetztes Wort. Zwar haben eigentlich alle christlichen Denominationen das Gefühl, orthodox zu sein, also die rechte Lehre zu vertreten. Aber als Orthodoxe werden nur die östlichen Kirchen bezeichnet, beispielsweise die russisch-orthodoxe Kirche.
Sie entstanden, weil sich im 11. Jahrhundert die Kirche spaltete. Es ging dabei um unterschiedliche Auffassung über die Doktrin, aber auch über die Rolle des Papstes. Die Ostkirchen nannten sich dann selbst orthodox, um sich von den – ihrer Meinung nach falsch liegenden – Katholiken abzugrenzen. Deswegen wurde «orthodox» im Westen zu einem negativen Begriff.
Und so ging es auch da wieder darum, wer Recht hat. Und das wollen eben alle.