«Dank glatter Haut zu einem einzigartigen Körpergefühl». Das verspricht Christine Margreiter den Kundinnen und Kunden ihrer «Wax in the City»-Franchise-Kette auf der Homepage. Die Geschäftsführerin und Gründerin wird es wissen. Immer mehr Kunden lassen sich monatlich in einem der 21 Studios die Körperhaare entfernen. Ritsch, ratsch, autsch! «Spitzenreiter in unserem Warmwachs-Angebot ist der ‹Brazilian Hollywood Cut› gefolgt vom ‹Brazilian Landing Strip›», sagt Christine Margreiter.
Doch was sind das für «Frisuren», die nach einem Ort und einer Landebahn benannt sind? Die Haare im Intimbereich werden beim ‹Brazilian Hollywood Cut› komplett entfernt. «Beim ‹Brazilian Landing Strip› lassen wir auf dem Venushügel einen schmalen Streifen Haare übrig», erklärt Christine Margreiter die Auswahl. Ein haarloser Körper gilt längst als Schönheitsideal. Eine Studie der Universität Leipzig aus dem Jahr 2008 besagt, dass fast jede junge Frauen und vier von fünf Männern regelmässig Haare an mindestens einer Stelle ihres Körpers entfernen – Bartrasur ausgenommen.
Politischer Körperkult
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Glatte Schönheit kennen wir bereits von ägyptischen Grabmalereien und antiken griechischen Vasen. Während im Mittelalter Körperhaare noch aus religiösen und hygienischen Gründen entfernt wurden, galten im 18. Jahrhundert zunehmend ästhetische Aspekte. Die Liberalisierung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der amerikanische Schönheitswahn, die immer knapper werdenden Bikinis und engere Kleidung, die zunehmende Nacktheit in der Werbung sowie das erste Playmate von Playboy förderten den haarlosen Körperkult bei westlichen Frauen. Die Rasierwelle beschränkte sich erst nur auf die Achselhöhlen. Die Intimrasur sorgte damals noch für verlegenes Gelächter.
Körperhaare haben auch eine politische Dimension: In den 60er- und 70er-Jahren lebten Frauen und Männer nach dem Motto «Let it grow». Frauen zeigten ihre Achselhaare als politisches Statement der sexuell befreiten Weiblichkeit. Auch Hippies brachten mit der natürlichen Haarpracht ihre Ideologie einer Nicht-Manipulation des Körpers zum Ausdruck. Feministinnen sehen in der Rasur der Achselhaare noch heute das Patriarchat widergespiegelt.
Dichtes Schamhaar versus füdliglatt
Ob glatt oder behaart ist ein Trend, der wie andere Modeströmungen kommt und geht, und sich von Kulturkreis zu Kulturkreis unterscheidet. Einmal lässt sich Kate Moss ohne Unterwäsche, dafür mit dichtem Schamhaar ablichten, ein andermal fordert Victoria Beckham in einem Zeitungsinterview, dass jede Frau ab 18 Jahren ihren Intimbereich enthaaren sollte. Doch wieso ekeln wir uns vor behaarten Frauenbeinen und Achselhaaren? Eine rationale Antwort gibt es nicht.
Mann und Frau entfernen sich mehrheitlich ihre Körperhaare, die an «falschen Stellen» wachsen. Doch wie lange noch finden Erwachsene ein vorpubertäres Aussehen im Intimbereich sexy? Wissenschaftler sagen der üppigeren Körperbehaarung bereits heute ein Comeback voraus. Was viele Frauen heute an der Metrosexualität von David Beckham ästhetisch finden, könnte in Zukunft wieder durch das haarige Mannsbild abgelöst werden. Vielleicht schmachten Frauen zukünftig wieder nach der behaarten Brust von Sean Connery – einst Zeichen von Zeugungsfähigkeit.
Wofür Körperhaare gut sind
Doch die Haare, die wir rasieren, epilieren und zupfen, haben eine natürliche Funktion und sind nicht nur ein Überbleibsel unserer Vorfahren: Achselhaare regeln die Körpertemperatur. Schamhaare vermindern Reibungen und schützen die Geschlechtsorgane. Der feine Flaum auf Armen und Beinen hält Parasiten fern.
Körperhaare können aber noch viel mehr: Sie vergrössern nicht nur die Oberfläche des Körpers, sie verstärken auch die Empfindlichkeit der Haut. Streicheleinheiten unserer behaarten erogenen Zonen empfinden wir deshalb als sinnlich, weil die Haare den Reiz um ein Vielfaches verstärken. Entfernen wir also die Haare, verlieren wir ein Stück Körpergefühl. Schade! Aber zum Glück wachsen Haare nach, so dass wir uns jedem Körpertrend anpassen können.