Die Gilets Jaunes-Bewegung ist auch eine Bewegung der sozialen Medien. Ihre Anhänger mobilisieren sich in tausenden Tweets, Facebook-Posts aber auch in verdeckten Whatsapp-Gruppen.
Unter dem Hashtag #GiletsJaunes tummeln sich neben den Demonstranten aber auch umstrittene Interessensgruppen: Vertreter der rechtspopulistischen Bewegung, Verschwörungstheoretiker und kremlnahe russische Netzwerke posten aktiv mit.
So zitiert etwa das Online-Magazin «Wired» aus einer Studie, laut der russisch beeinflusste Accounts bis zu 20'000 Posts über die «Brutalität der französischen Polizei, Macrons Unfähigkeit, die Nation zu führen sowie nato- und migrantenfeindliche Themen» gepostet haben soll.
Muss man künftig mit einer Zunahme solcher Einflussnahme rechnen oder kann man etwas dagegen tun? Fragen an Adrienne Fichter, Politologin und Social Media-Expertin bei der «Republik».
SRF: Wie gross ist der Einfluss dieser ausländischen Kräfte in Frankreich?
Adrienne Fichter: Der Einfluss ist nicht so gross, wie man denkt. Es ist nicht so, dass die ausländischen Interessengruppen die treibenden Kräfte sind.
Man weiss, dass gerade die extreme Rechte sich sehr stark in geschlossenen Kanälen koordiniert.
Der französische Sicherheitsforscher Baptiste Robert hat herausgefunden, dass sich einzelne ausländische Accounts in die Debatte einmischen, diese aber nicht koordiniert sind.
Seit den US-Wahlen wissen wir, dass ausländische Interessengruppen über die sozialen Medien bei politischen Angelegenheiten anderer Staaten mitmischen. Nimmt das noch zu?
Das ist sehr schwierig zu sagen. Es hängt davon ab, welches Land gerade Wahlen durchführt und wie weltpolitisch relevant diese sind. Es kann aber sein, dass es zunehmen wird.
Allgemein findet eine Verlagerung der Online-Kommunikation in geschlossene Kanäle wie Whatsapp-Gruppen oder Facebook Messenger statt.
Ich erachte es als relativ schwierig, dass ich mich nicht mehr in diese französische Debatte einmischen dürfen soll, nur weil ich in der Schweiz sitze.
Diese werden genutzt, um sich zu vernetzen, sich politisch auszutauschen oder um sich teilweise auch ein bisschen aufzuheizen. Man weiss, dass gerade die extreme Rechte sich sehr stark in diesen Kanälen koordiniert.
Was bedeutet diese Einmischung über die sozialen Medien für die demokratische Gesellschaft?
Es wird schwierig für die Öffentlichkeit – also uns Internetnutzer, aber auch Journalisten und Wahlforscher –, zu erkennen, was orchestriert ist und was ein echtes Diskussionsmomentum im sozialen Netz ist: Wo spielen ausländische Kräfte mit, die sich hinter Tarnprofilen verstecken und eigentlich an einem völlig anderen Ort sitzen?
Kann man verhindern, dass nationale Bewegungen wie die der Gilets Jaunes durch ausländische Kräfte zusätzlich angeheizt werden?
Das ist eine grosse Gratwanderung. Man kann ja nicht verbieten, gewisse Hashtags zu nutzen – etwa #GiletsJaunes. Ich erachte es als relativ schwierig, dass ich mich nicht mehr in diese französische Debatte einmischen dürfte, nur weil ich beispielsweise in der Schweiz sitze.
Möglich wäre es, die Beeinflussung durch Social-Media-Werbung aus dem Ausland zu unterbinden. Daran müssen aber auch die Plattformbetreiber mitarbeiten – was sie teilweise auch schon tun.
Wenn beispielsweise die USA versucht, sich in die politischen Abstimmungen der Schweiz einzumischen, hätten die Plattformbetreiber die Möglichkeit, diese Kampagnen zu unterbinden oder eine Verifikation zu fordern.
Das macht Facebook in den USA bereits. Die Plattform hat es aber auch in Irland gemacht, als das Land über das Abtreibungsverbot abstimmte: Damals haben christlich-konservative Kräfte aus den USA mit sehr viel Geld versucht, dieses Referendum zu beeinflussen.
Das Gespräch führte Sarah Herwig.