Vice: vier Buchstaben, die für urbanen, hippen und angriffigen Journalismus standen. Bei Vice wollte man anders sein, direkter, ungeschminkter, jünger.
Eine Zeit lang war man das auch. Es war der Mitmach-Journalismus einer neuen Generation. Egal ob Sex, Drogen oder Gewalt: Vice lieferte die Themen für diese Generation – in Videos, Fotos und Texten. Ein Kannibale im Interview? Ein Warlord zum Anfassen? Die neueste Droge im Club? Das alles bot Vice.
Ein Ausbau auf Pump
Das Geschäft lief rund: Zu seinen Spitzenzeiten in den 2010er-Jahren erschien Vice in mehr als 25 Ländern. Auch in Österreich, in Deutschland und sogar in der kleinen Schweiz hatte Vice eine Zeit lang eigene Redaktionen. Das globale Unternehmen war Milliarden wert und diversifizierte. Filme, Musik, Mode, Lifestyle, Marketing: Alles schien möglich.
Vice aber war schon länger verschuldet, denn: Es war ein Ausbau auf Pump. Und je höher die Schulden wuchsen, desto grösser wurde auch der Bedarf an neuem Kapital. Vice brauchte neue Ideen, musste wachsen. Je weiter das Unternehmen expandierte, desto unübersichtlicher wurde das Firmenkonstrukt dahinter.
Werbemarkt in der Krise
Hinzu kommt: Medien in den USA haben es derzeit schwer. Die Krise im Werbemarkt, vor allem im Online-Werbemarkt, traf in den vergangenen Jahren praktisch alle. Viele Titel mussten redimensionieren, umbauen und abbauen. Business Insider, Washington Post, Buzzfeed – die Liste ist lang.
Jetzt also kündigt Vice an, keine Inhalte mehr auf der eigenen Webseite zu veröffentlichen. Auch die deutsche Webseite wird Ende März eingestellt. «Bedauerlicherweise bedeutet dies, dass wir unsere Belegschaft reduzieren und mehrere 100 Stellen streichen werden», sagte Geschäftsführer Bruce Dixon in einem Memo, das der BBC vorliegt.
Nicht das komplette Ende von Vice
Das alles kommt nicht überraschend. Vice hat zu viele Schulden, zu wenig Werbeeinnahmen und die Websites haben sinkende Zugriffszahlen. Im Mai 2023 hat Vice Konkurs angemeldet. Seither fahren neue Investoren einen harten Sparkurs und versuchen die Teile zu retten, die noch rentieren.
Die jüngste Ankündigung ist folglich nicht das Ende von Vice. Einen Teil der Social-Media-Kanäle will man beispielsweise weiterhin bedienen. Auch eigene Geschichten soll es weiterhin geben – diese will Vice künftig mit Partnermedien veröffentlichen.
Das Kapitel Auslandsexpansion ist jedoch vorerst vorbei. Vice buchstabiert zurück und konzentriert sich wieder aufs Kerngeschäft irgendwo zwischen Kunst, Provokation und Mainstream.