Church Creek liegt inmitten von Kiefernwäldern und Marschwiesen an der Ostküste im US-Bundesstaat Maryland. Tubman Country: So nennen die Bewohner diese Gegend.
Hier steht das Harriet Tubman-Museum in Gedenken an die berühmte Freiheitskämpferin. 2017 wurde das «Underground Railroad Visitor Center» eröffnet.
Im Untergrund
Hier verliefen die geheimen Fluchtrouten der Sklaven. Ihr Ziel: der Norden der USA, wo sie frei leben konnten. Ihr Fortbewegungsmittel: die «Underground Railroad» – ein Netzwerk von Helfern, Verstecken und verschlüsselten Nachrichten.
Die Organisation existierte Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Bürgerkriegs. Das Vokabular des Eisenbahnwesens diente als Tarncode.
Misshandelt von klein auf
Die berühmteste Fluchthelferin war Harriet Tubman. Bereits als 6-Jährige arbeitete sie im Haushalt eines Farmers, bekam Schläge.
Mit 13 wurde sie schwer verletzt: Ein weisser Aufpasser hatte ein Eisengewicht nach einem Sklavenjungen geworfen, traf aber Harriet am Kopf. Sie erholte sich, litt aber ein Leben lang unter Kopfschmerzen, Halluzinationen und Schlaganfällen.
Das konnte die Willenskraft der nur 1,50 Meter grossen Frau nicht schmälern. Sie floh, weil sie von ihrer Familie getrennt und in die Südstaaten verkauft werden sollte.
Einzige Rettung: Flucht
Im September 1849 begab sich Tubman auf eine lebensgefährliche Flucht – von Spürhunden und Sklavenjägern gehetzt. Mit Steckbriefen wurde nach ihr gesucht, ein Kopfgeld auf sie ausgesetzt.
Sie schaffte es und erreichte Philadelphia, wo Sklaverei verboten war. Aber sie kehrte zurück, um ihre Familie, Freunde und Mitstreiter zu befreien.
Tour zu Schauplätzen
Um Harriet Tubman und den Freiheitskämpfern der USA ein Denkmal zu setzen, haben Historiker eine 230 Kilometer lange Tour zusammengestellt. Der «Harriet Tubman Byway» führt zu den Schauplätzen der Sklaverei in den USA durch Church Creek, Cambridge, Bucktown, Dover und bis nach Philadelphia.
Dazu gibt es eine App, die insgesamt 36 Orte der Sklaverei ausweist: Marktplätze, auf denen Sklaven-Auktionen stattfanden: Wohnhäuser von Fluchthelfern. Das Ziel: die Epoche der Sklaverei, den Alltag der Leibeigenen fassbar zu machen.
Harter Kontrast
«Harriet konnte weder lesen noch schreiben. Aber sie war eine ausgezeichneter Strategin. Sie hatte diese Bauernschläue», sagt Ernestine Wyatt, Tubmans Ururur-Grossnichte.
Die Augen der 65-Jährigen leuchten voller Bewunderung – und aus Ärger über die Trump-Regierung. 2020 sollte das Konterfei von Harriet Tubman die neue 20 Dollarnote zieren – als erste Afroamerikanerin überhaupt. So jedenfalls hatte es die Obama-Administration 2016 beschlossen. Doch daraus wird nichts.
Die neue Dollar-Note wird frühestens 2028 kommen. Trump wolle alles tilgen und vergessen machen, was die Ära Obama hinterliess, sagt Ernestine Wyatt.
Zurück in die Vergangenheit
Tubmans Ururur-Grossnichte fühlt sich in die Vergangenheit zurückversetzt. «In den 1960er-Jahren wurden Schwarze als minderwertig angesehen und unsere Geschichte schien unwichtig zu sein. Diese Einstellung ist sehr gefährlich!»
Mindestens eine halbe Million Sklaven wurden von Afrika nach Nordamerika verkauft. Die Dunkelziffer ist vermutlich erheblich höher. Harriet Tubman starb 1913 im Alter von 91 Jahren – als freie Bürgerin der USA.
Heute gibt es Bühnen- und sogar drei Opernbearbeitungen über ihren Kampf für die Freiheit. Im November soll ein grosses Hollywood-Epos ihr zu Ehren in die Kinos kommen.