Seit viele Menschen im Homeoffice arbeiten, sieht man die Kollegen und Kolleginnen meist via Kamera und oft vor Bücherwänden. Das ist kein Zufall. «Bücherwände sind wieder en vogue», sagt Anita Simeon, Chefredakteurin der Fachzeitschrift «Ideales Heim». «Sie sind auch ein Ausdruck von Bildung und Wissen.»
Auch die Innenarchitektin Irina Geringer aus Stuttgart bestätigt den Trend zu Bücherwänden. Beliebt seien vor allem Lifestyle-Trends wie «Hygge» oder «Slow Living». Und wenn es so richtig hyggelig, also gemütlich werden soll, dürfen Bücher nicht fehlen.
Bitte schön aufgeräumt
Beim Stichwort «Buch» denkt man schnell auch an Lesesessel, Teetasse oder Rotweinglas und kuschelige Kissen. Allerdings lassen sich Bücherregale auch mit einem minimalistischen Stil verbinden. «Da werden zum Beispiel Bücher in weisses Papier eingebunden, sodass alles völlig gleich und clean aussieht», erklärt Geringer.
Ursina Ganzoni, Leiterin des Fachbereichs Interior Design und Bauvorkurs an der Schule für Gestaltung Graubünden, hat noch andere Trends beobachtet: «Immer mehr Menschen mögen lieber abgeschlossene Regale. Man kann dann ganz einfach die Klappe oder die Türe schliessen, und es ist schön aufgeräumt. Auch beim Abstauben fällt so weniger Arbeit an.»
Bücher zur Imagepolitur
Bleiben wir bei den offenen Regalen. Die sind nicht nur wohnlich, sie sind auch perfekte Imagemarker. «Ich will meine Persönlichkeit in meinem Zuhause ausdrücken. Das kann man gut mit Buchtiteln, die man nicht unbedingt gelesen haben muss, aber die man gerne gelesen hätte», sagt Simeon.
Wer ein besonders interessantes Buch betont unauffällig auf der Sofalehne liegen lässt, wenn Besuch kommt, weiss, was damit gemeint ist.
Alter Trend, neu verpackt
Dass man nicht alle Bücher gelesen hat, die im Regal stehen, kommt vor. «Das ist keine neue Entwicklung. Klassische Lexika zum Beispiel sind einfach schöne Objekte, die man ausstellen möchte», erklärt Simeon.
Neu sei hingegen, dass manche Regalbesitzer ihre Bücher nicht mehr selbst kaufen. Eine neue Tendenz ist, dass Innenarchitekten von A bis Z die Wohnung ausstatten – und so auch das Bücherregal. Da könne es durchaus passieren, dass der Gestalter dann Fake-Bücher nimmt oder irgendwelche Bücher aus einem Antiquariat oder aus dem Secondhand -Buchladen.
Der Griff zu Fake Büchern ist aber ebenfalls kein Novum, ergänzt Ursina Ganzoni: «Denken wir an die Zeit der Videokassetten. Früher gab es oft Buchhüllen im Regal, deren Inhalt eine VHS-Kassette war.»
Doch über solche Täuschungsversuche kann man einfach getrost hinweg lächeln. Hand aufs Herz: Haben Sie alle Bücher in Ihrem Regal gelesen?