Mélanie Bozzo hat es geschafft: Ihr Berufstraum ist wahr geworden, sie ist heute Englisch-Lehrerin am Collège in Saint Vincent de Tyrosse südlich von Bordeaux. «Das Gefühl ist fast seltsam. Aber alles was ich getan habe, all die schlaflosen Stunden, in denen ich gearbeitet habe, all das hat sich ausgezahlt.» Mélanie lächelt. Ihr Weg war lang und hart. Aber mit grossem Engagement und viel Energie überwand die optimistische und lebensfrohe junge Frau alle Hindernisse und Anforderungen.
Endlich Lehrerin
Heute trennt sie von einer unbefristeten Festanstellung im Staatsdienst nur noch ein erfolgreiches Referendarjahr. Die 24-Jährige, die aus einer kleinbürgerlichen Familie im Weinanbaugebiet von Gaillac westlich von Toulouse kommt, musste immer neben dem Studium jobben, um dessen Finanzierung zu sichern. Mélanie arbeitete bei McDonalds, an Supermarktkassen, als Kellnerin oder Putzfrau im Krankenhaus – sie war sich für nichts zu schade. Ausserdem hatte sie sich Zusatzqualifikationen in Irland und New York erworben mit Hilfe von zwei Stipendien. In New York sammelte sie erste praktische Erfahrungen als Französischlehrerin für Studenten.
Im Juni 2013 bestand sie die abschliessende Lehramtsprüfung, den CAPES. «Es war ein sehr intensives und stressiges Jahr», sagt Mélanie. Und der Erfolg ist keine Selbstverständlichkeit, denn dieser «concours», den nur eine vorher vom Staat festgelegte maximale Anzahl von Studenten bestehen, gilt als besonders schwierig. 759 Bewerber von insgesamt 1231 im Fachbereich Englisch sind in diesem Jahr an ihr Ziel gekommen. Die Erfolgreichen erhalten danach automatisch eine Referendarstelle an einer staatlichen Schule. Der Einsatzort wird von der Schulbehörde festgelegt. Alles kein Zuckerschlecken, aber Mélanie ist erleichtert. «Ich erwarte jetzt ungeduldig mein erstes Gehalt, denn im Moment ist es etwas eng. Ich hatte viele Ausgaben mit dem Umzug, dem Einrichten der neuen Wohnung und so.»
Die Jungen bleiben im Land
Zwar ist in Frankreich die Zahl der Arbeitslosen unter 25 Jahren seit ihrem Höhepunkt Ende 2012 (25,5%) etwas zurückgegangen. Aber mit 24,6 Prozent liegt die Rate immer noch sehr hoch.
Für den Rückgang sind unter anderem staatliche Massnahmen verantwortlich: zum Beispiel 100'000 sogenannte «Zukunftsjobs», staatlich bezuschusste Generationenverträge, welche die kombinierte Beschäftigung von einem jungen Menschen und einem über 55-Jährigen unterstützen.
Auf der anderen Seite steige die Tendenz, dass 15- bis 24-Jährige ihre Ausbildung verlängerten, erläuterte der Wirtschafts-Professor Stéphane Carcillo der Universität Science Po in Paris. Und im Vergleich zu anderen europäischen Krisenländern gingen weniger französische Jugendliche ins Ausland, um eine Zukunftsperspektive zu finden.
Sich nicht entmutigen lassen
Mélanie ist bewusst, dass sie zu den Glücklicheren gehört. Denn der Berufsalltag vieler junger Menschen beginnt, selbst wenn sie einen Job gefunden haben, meist in der Unsicherheit. Es handelt sich in der Regel um Zeitverträge mit einer Dauer von einem Monat bis zu einem Jahr. Ein wenig Glück habe sie gehabt, räumt sie ein, weil die sozialistische Regierung eine erhöhte Anzahl von Lehrerneueinstellungen angesetzt habe. «Aber darüber hinaus, so glaube ich, war es auch meiner Art und Weise zu studieren, die mir diese Tür geöffnet hat», sagt Mélanie nicht ohne Stolz.
Sie ist davon überzeugt, dass Zielstrebigkeit und Engagement sich am Ende auszahlen: «Wenn man ein klares Projekt hat, darf man sich nicht entmutigen lassen. Wenn man etwas wirklich will, bekommt man es am Ende auch.» Genau das wünscht sie den jungen Europäerinnen und Europäern, dass auch sie mit Hartnäckigkeit, viel Energie und Optimismus schliesslich an ihr Ziel gelangen.