Homosexualität, die Frauenfrage, der Kampf gegen den Klimawandel, das neue Personal im Bistum Chur. Ohne Frage: kath.ch ist mit seinen Artikeln am Puls der Zeit.
Gleichzeitig hat es ein Flair für Skandale. Sei es der Pfarrer, der seiner Sekretärin unziemliche Bilder schickte, sei es der Priester, der sich nicht an die Covid-Regeln hält.
Das römisch-katholische Onlineportal schreckt bei seiner Berichterstattung nicht davor zurück, auf die Person zu zielen, setzt auf People-Storys.
Kritik an Tonalität und Stil
Genau das stört Karl Johannes Rechsteiner, den Mediensprecher der römisch-katholischen Kirche Region Bern: «Wir haben in den Medien allgemein den Trend, alles zu personifizieren, zu boulevardisieren, auf Konflikte zuzuspitzen», sagt er und wünschte sich, dass kath.ch hier Gegensteuer geben würde, statt dieselben Mechanismen zu bedienen.
Es geht darum, das Portal weiterzuentwickeln.
«Es gibt genug Geschichten aus der Welt der Kirchen, die erzählt werden können und die es nicht in die Massenmedien schaffen», sagt Karl Johannes Rechsteiner: «Darauf sollte kath.ch setzen.» Karl Johannes Rechtsteiner betont, dass die Berner Kirche hinter kath.ch steht: «Es geht darum, das Portal weiterzuentwickeln.»
Unbequem – und das sei gut so
Ähnliche Kritik am boulevardesken Stil, der nicht zu einem römisch-katholischen Medienportal passen wolle, ist auch von anderen zu hören. Am lautesten von erzkonservativer Seite – wie vom Verein Pro Ecclesia. Hinter vorgehaltener Hand aber auch verbreitet aus liberal-progressiven Kreisen.
Kath.ch tut uns gut.
Genau da findet man allerdings auch die Befürworterinnen von kath.ch. So etwa Franziska Driessen-Reding, Synodalratspräsidentin der römisch-katholischen Kantonalkirche Zürich. «Kath.ch tut uns gut», sagt sie.
«Es ist unbequem, regt Diskussionen an, berichtet über Themen, über die wir lieber nicht sprechen würden.» Die Katholikinnen und Katholiken müssten lernen, mit Transparenz besser umzugehen, findet Franziska Driessen.
Harsche Kritik von den Geldgebern
Anders sehen dies die Schweizer Bischöfe. Auch in der Vergangenheit gab es immer wieder Meinungsverschiedenheiten zwischen kath.ch und den Bischöfen. Doch so zerrüttet wie jetzt war das Verhältnis wohl noch nie.
Zweimal haben die Bischöfe kath.ch im letzten Jahr öffentlich kritisiert. «Das Präsidium der Schweizerischen Bischofskonferenz missbilligt klar diese Art von Berichterstattung», heisst es einer der Medienmitteilungen zu einem Artikel auf kath.ch. «Die Tonalität sowie die anonym vorgetragenen Beschuldigungen entsprechen nicht den Erwartungen an ein katholisches Medienportal.»
Diese Kritik ist deshalb brisant, weil die Bischöfe Auftraggeber des Medienzentrums sind, zu dem kath.ch gehört. Zudem finanzieren sie das Medienzentrum mit. Nun prüfen die Bischöfe ein Mediationsverfahren, gemeinsam mit der RKZ, dem Dachverband der römisch-katholischen Kantonalkirchen, dem zweiten Aufrag- und Geldgeber.
Anpassungen im Ton, nicht jedoch in der Sache
Charles Martig, Herausgeber von kath.ch, zeigt sich gesprächsbereit, betont aber die Unabhängigkeit des Medienportals: «Wir gehen auf die Spannung ein. Wir sind aber überzeugt, dass wir einen aktuellen und relevanten Kurs halten müssen.» Die Zahlen sprächen für die neue Ausrichtung.
Die Frage der Tonalität ist ein Thema.
Doch auch Charles Martig räumt ein: «Die Frage der Tonalität ist ein Thema.» Hier habe es Anpassungen gegeben: «Wir achten darauf, wie Personen dargestellt werden, dass wir medienethische Standards der Fairness einhalten, dass wir von beiden Seiten Stellungnahmen einholen», sagt Charles Martig.
Wie das angestrebte Mediationsverfahren zeigt, vermochten diese Anpassungen die Wogen allerdings noch nicht zu glätten.