Die Coronakrise wird eine ziemliche Delle in den Finanzen der Kirchen hinterlassen. Davon ist Rolf Berweger überzeugt. Er ist Kirchenratspräsident der evangelisch-reformierten Landeskirche Zug und ehemaliger Bankmanager.
Wegen Kurzarbeit, Entlassungen und der angespannten Wirtschaftslage rechnet er fürs nächste Jahr mit 15 Prozent weniger Einnahmen. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs.
Gürtel enger schnallen, Angebote abbauen
«In den Folgejahren, ab 2022, werden wir wohl bis zu 30 Prozent weniger Steuern einnehmen», prognostiziert Rolf Berweger.
Denn ab dem übernächsten Jahr fehlten auch die Einnahmen durch die Steuern von Firmen – und zwar für mehrere Jahre. «Firmen können ihre Verluste über fünf Jahre abschreiben», erklärt Rolf Berweger.
Weil bei der reformierten Zuger Landeskirche fast die Hälfte der Steuereinnahmen von Firmen stammen, macht sich dies besonders bemerkbar. «Wir werden den Gürtel ab 2021 enger schnallen müssen», sagt Rolf Berweger.
Abbau von Angeboten ab 2022
Ab 2022 dürfte es dann zum Abbau von Angeboten kommen: «Wir geben jedes Jahr viel Geld aus für unser gesellschaftliches Engagement. Spenden für Hilfswerke oder die Schuldenberatungsstelle, die wir im Auftrag des Kantons betreiben.» Hier könnte das Geld knapp werden, meint Rolf Berweger. Der Grundauftrag der Kirche, also Gottesdienste, Seelsorge, Diakonie, sei aber nicht gefährdet.
Wegen dieser düsteren Aussichten heute schon sparen will Rolf Berweger nicht. «Wir geben im Moment weniger Geld aus als budgetiert, weil Ausflüge, Lager und Veranstaltungen nicht stattfinden. Dieses Geld erhalten nun Institutionen, die sich gesellschaftlich engagieren, wie die Dargebotene Hand.»
Kirchen in schwieriger Situation
Der Kirchenratspräsident betont: Im Moment sind die Prognosen noch sehr unsicher. Zug ist aussergewöhnlich abhängig von Firmensteuern. Doch auch bei anderen Landeskirchen wird die Krise ein Loch in die Kasse reissen.
Die römisch-katholische Landeskirche des Kantons Basel-Stadt merkt dies schon jetzt. Bereits gebe es Anfragen zum Aufschub von Steuerrechnungen, sagt Matthias Schmitz, Informationsbeauftragter der Landeskirche.
Wie gross die Delle in Basel-Stadt sein wird, kann Matthias Schmitz noch nicht abschätzen. Doch sie trifft die Landeskirchen in einer Zeit, in der die finanziellen Mittel sowieso knapp und die Kirchen in einem Strukturwandel stecken.
«Wir möchten unabhängiger werden von den Steuereinnahmen», erklärt Matthias Schmitz. Etwa indem Kirchengebäude umgenutzt und neue Immobilienprojekt geplant werden, die sich dann selbst tragen. «Die jetzige Krise wird diese Schritte, den Strukturwandel, noch beschleunigen.»
Auswirkungen für alle Schweizer Landeskirchen
Die reformierte Landeskirche Zug und die römisch-katholische Kantonalkirche Basel-Stadt sind zwei Extrembeispiele. Zug ist ausserordentlich abhängig von Firmensteuern, Basel-Stadt erhält kein Steuergeld von Firmen. Doch die Auswirkungen – weniger Geld in den Kassen und eine Beschleunigung des Strukturwandels – dürften in den nächsten Jahren alle Landeskirchen der Schweiz beschäftigen.