Noch sind die meisten Gewächshäuser in der Schweiz wahre CO2-Schleudern. Während es draussen kalt ist, läuft drinnen die Erdöl- oder Gasheizung auf Hochtouren, da ein Grossteil der Wärme über die Wände verlorengeht.
Zwar haben viele Bauern in den letzten Jahren die Isolierung ihrer Gewächshäuser verbessert und damit die Emissionen gesenkt. Dennoch gehört die Gewächshausproduktion weiterhin zu den CO2-intensiven Branchen der Schweiz.
Das Rumoren der Gemüsebranche
Doch damit soll bald Schluss sein. Ende Januar 2019 gab die Migros bekannt, dass sie ab 2025 nur noch Schweizer Gemüse aus klimafreundlichen Gewächshäusern verkaufen will. Aus Gewächshäusern also, die mit Abwärme, Solarenergie oder etwa Geothermie beheizt werden, anstatt mit fossilen Brennstoffen.
In der Gemüsebranche rumort es. Öffentlich möchte sich zwar niemand äussern, doch hinter vorgehaltener Hand wird vor allem die kurze Frist kritisiert, die der grösste Detailhändler des Landes seinen Produzenten bis zur Umstellung lässt.
Klimafreundlicher Salat
Die Forderung der Migros hat aber nicht alle Produzenten auf dem kalten Fuss erwischt. Patrick Forster etwa, Geschäftsführer und Inhaber der Forster-Gruppe, hat von sich aus vorgesorgt.
Als er vor ein paar Jahren ein neues, knapp zwei Fussballfelder grosses Gewächshaus baute, hat er anstatt einer konventionellen Heizung eine Abwärmeheizung installiert. Dank dieser stösst das Gewächshaus laut Forster rund 700 Tonnen weniger CO2 pro Jahr aus. Das sind so viele Treibhausgase, wie etwa 700 Singlehaushalte jährlich beim Heizen emittieren.
Nachhaltiger Hydrosalat
Im Gewächshaus von Patrick Forster reiht sich Salatkopf an Salatkopf. Forster liefert sie an die Migros.
Bereits diese sogenannte Hydrosalatproduktion sei sehr nachhaltig, weil sie mit einem minimalen Einsatz von Wasser, Pestiziden und Dünger auskommt, sagt Forster. Die klimafreundliche Heizung runde das nachhaltige Projekt ab.
Es wird nicht für alle einfach
Sein Gewächshaus steht neben der Kehrrichtverbrennungsanlage im aargauischen Oftringen. Eine eigens gezogene Leitung transportiert warmes Wasser zum Gewächshaus und sorgt dort für angenehme Temperaturen.
Dieses Heizsystem sei zwar doppelt so teuer wie eine konventionelle Heizung gewesen, sagt Forster. Die Investitionskosten will der Gemüsebauer jedoch innerhalb von fünf Jahren amortisiert haben.
Danach sei das Heizen dafür umso billiger: «Wir haben hier ein ökonomisch und ökologisch sinnvolles Projekt realisiert», sagt der Gemüsebauer und Unternehmer.
Doch nicht jeder könne ein Gewächshaus wie er neben einer Kehrrichtverbrennungsanlage bauen. «Für manche Betriebe wird es fast unmöglich sein, eine Lösung zu finden», glaubt Forster.
Sechs Millionen sind nicht genug
Man verstehe die Bedenken der Produzenten, sagt die Migros-Sprecherin Alexandra Kunz und beteuert: «Wir werden niemanden im Stich lassen».
Ausserdem hat die Migros versprochen, die Produzenten mit insgesamt sechs Millionen Franken bei der Umstellung zu unterstützen. Angesichts der hohen Investitionen und den geschätzt 100 Betrieben, die die verschiedenen Genossenschaften der Migros schweizweit beliefern, ist das jedoch eher ein symbolischer Beitrag, sind sich Branchenkenner einig.
Weniger Emissionen, mehr Kosten
Dass ein grosser Detailhändler seine Macht auch mal im Sinne des Klimaschutzes ausspielt, findet die Umweltökonomin Renate Schubert von der ETH Zürich grundsätzlich gut. Doch der positive Klimaeffekt könnte verpuffen.
Bis die Bauern die für die Energiewende nötigen Investitionen amortisiert haben, sind ihre Produktionskosten höher. Somit könnten auch die Preise für das klimafreundliche Gemüse in den Läden steigen.
Viele Leute würden dann vermutlich auf günstigeres und weniger nachhaltiges Gemüse ausweichen, vermutet Schubert. Doch klimafreundliches Gemüse ist eigentlich im Interesse der ganzen Gesellschaft.
Braucht es politische Unterstützung?
Wie also könnte man die Kosten gleichmässiger verteilen? Ohne politischen Willen werde es kaum gehen, meint die Umweltökonomin. «Die Lösung könnte ein mit Steuergeldern finanzierte Fonds sein, der die klimafreundliche Gemüseproduktion unterstützt», sagt Schubert. So hätte jede Konsumentin und jeder Konsument im Voraus seinen Beitrag geleistet, müsste aber im Laden nicht mit höheren Preisen büssen.
Klimafreundliche Gewächshäuser – aus der Perspektive des Klimaschutzes ist das eine gute Sache. Doch der Wandel hat seinen Preis. Und wer diesen am Ende bezahlt, ist noch unklar.