Sie bewahren archäologisches Wissen wie eine Zeitglocke: Schiffswracks am Meeresgrund. Einige von ihnen verbergen auch Gold, Silber und Juwelen. Das lockt Schatzsucher, die alles Kostbare aus den Wracks plündern – ohne Rücksicht auf den Verlust des Kulturguts.
Das internationale Abkommen zum Schutz des Kulturerbes unter Wasser will dies ändern. Es definiert, wem Kulturgüter unter Wasser gehören und wie sie erhalten werden müssen. Die Schweiz tritt dem Abkommen bei: In der Sommersession haben National- und Ständerat der Umsetzung zugestimmt.
Schiffswracks im Bodensee
Denn nicht nur in den Weltmeeren liegen Schiffswracks begraben, auch im Bodensee findet man einige gesunkene Schiffe. In 40 Metern Tiefe, irgendwo vor Kreuzlingen, liegt beispielsweise die «Jura».
Der Raddampfer sank 1864, nachdem er im Nebel mit der «Zürich» kollidiert war. Lange Zeit blieb die Jura verschollen, bis der Taucher Hans Gerber – vielen auch bekannt als «Jurahans» – das Schiffswrack 1976 am Grund des Bodensees aufspürte.
Er erinnert sich noch genau, wie er die Jura entdeckte. Doch war er offensichtlich nicht der Erste gewesen. Als Gerber das Schiffswrack fand, war bereits alles mitgenommen, was nicht niet- und nagelfest war.
«Es gab kein Geschirr, keine Löffel, keine Teller, einfach nichts mehr», erinnert sich Hans Gerber. «Alles, was leicht mitgenommen werden konnte, war schon weg.»
In den Tiefen verschollen
Kulturgüter wie die gesunkene Jura sind schwierig zu schützen. Lange Zeit war nicht einmal klar, wem das Wrack gehört. Erst 2004 stellte sie der Kanton Thurgau unter Schutz. Dann war es offiziell verboten, etwas aus dem Schiffswrack mitzunehmen.
Die neue Konvention zum Schutz des Kulturerbes unter Wasser will einen solchen Schutz von Kulturgütern nun ausweiten, insbesondere auf Schiffswracks in internationalen Gewässern. Das Abkommen stellt Regeln auf, wie was geschützt werden soll. Und es verlangt, dass Plünderer bestraft werden.
Schlupflöcher für Schatzsucher
So weit so gut, sagt Anna Petrig. Sie ist Professorin für Völkerrecht an der Uni Basel. Petrig begrüsst, dass die Schweiz das Abkommen umsetzt. Allerdings kritisiert sie, wie es umgesetzt wird: «Die Konvention verlangt, dass man sowohl die Handlungen verfolgt, die an Bord der eigenen Schiffe begangen werden, wie auch Handlungen von Staatsbürgern.»
Das Problem laut Petrig sei, dass die Schweiz nur die eine Hälfte umgesetzt habe. «Es werden nur die Handlungen an Bord Schweizer Schiffe unter Strafe gestellt.»
Schweizer Staatsbürger können also – von der Schweizer Justiz ungehindert – weiterhin Schiffswracks plündern, solange sie dies von einem Schiff aus tun, das nicht unter Schweizer Flagge fährt.
Das Problem sei, dass der eingeführte Schutz der Kulturgüter unter Wasser Schlupflöcher enthalte. «Das Strafrecht hat auch eine präventive Wirkung», sagt Petrig. «Und wenn Schweizer Staatsbürger strafflos Kulturgut auf Meeresgrund plündern können, ist das ein falsches Signal.»