«Einsamkeit ist in der queeren Community stärker verbreitet», sagt Muriel Waeger, Co-Präsidentin der Lesben-Organisation Schweiz. Es gebe viele schwierige Familienkonstellationen.
Komische Kommentare
Noch immer müssten viele queere Menschen sich im Kreis ihrer Familie komische Kommentare anhören, so Waeger. «Viele Queere können ihre Freundin oder ihren Freund nicht zum Fest mitbringen, weil sie von den Angehörigen nicht akzeptiert werden.»
Solche Faktoren verstärken die Einsamkeit. Und sind mit ein Grund dafür, weshalb viele Mitglieder der LGBTQ-Community Weihnachten mit ihren engen Freunden feiern – ihrer sogenannt selbstgewählten Familie.
In Zeiten von Corona geht das nicht so gut. Waeger sagt, dass dann Bezugspersonen fehlen, die dieselben Erfahrungen gemacht haben und deswegen besser verstehen können, dass es mit der biologischen Familie manchmal nicht so einfach sei.
«Es fehlen die Personen, die uns in verschiedenen Lebensphasen unterstützen. Und ganz besonders jetzt, wo wir auf das zu Ende gehende Jahr zurückblicken.»
Ein Fest nur zu zweit?
Die aktuellen Massnahmen gegen Corona seien einschneidend, sagt Florian Vock, Vorstandsmitglied der Schwulenorganisation Pink Cross.
Die Massnahmen begünstigten ein kleinbürgerliches und traditionalistisches Bild eines Haushalts. Dieses Familienleben lebten viele queere Menschen in der Form gar nicht, sagt Vock.
Vock bereitet die Zwei-Haushalte-Regel Schwierigkeiten: «Man solle sich doch möglichst nur mit einem anderen Haushalt treffen. Ich wohne allein, das ist schon ein Haushalt. Mein Partner wohnt auch allein im zweiten Haushalt.»
Könne er also Weihnachten hächstens zu zweit feiern, fragt Vock: «Das ist nicht ganz das gleiche wie zwei Grossfamilien, die zusammenwohnen und nun zusammenkommen.»
«Das alles fällt weg»
Die aktuelle Corona-Situation treffe die queere Community besonders, sagt Vock: «Weil die Art, wie wir leben, halt nicht die Norm ist und auch nicht die Normalität.»
Die Familie vieler queerer Menschen sei ihre selbstgewählte Familie. Und die, sagt Vock, trifft sich vielleicht auch in einer Schwulenbar, mit viel zu vielen Menschen für diese Pandemie. «Das alles fällt weg. Das macht es schwierig für diese Weihnachtszeit.»
Ein Community-Musical soll trösten
Für die vielen Menschen, die dieses Jahr an Weihnachten alleine zuhause sein werden, hat Vock zusammen mit der befreundeten Drag-Queen Milky Diamond ein Weihnachtsmusical initiiert. Erzählt wird eine Geschichte der Suche nach einem Zuhause, nach einer Familie.
«Wir erhoffen uns viel Freude, ein bisschen Spass, ein bisschen Nachdenklichkeit – halt alles, was ein Musical liefern soll» sagt Vock.
Es werde eine «sehr, sehr queere» Neuinterpretation der Zäller Wiehnacht : «Mit neu komponierten Songs, einer jungen bunten Truppe und sehr, sehr schönen Menschen.»