Knapp 1000 Seiten – so viel Platz räumt Barack Obama seinem Werdegang und seiner ersten Amtszeit als US-Präsident ein. Mit «A Promised Land» (auf Deutsch: «Ein verheissenes Land») erscheint der erste Teil seiner Memoiren.
«Es war, als ob allein meine Anwesenheit im Weissen Haus eine tief sitzende Panik losgelöst hätte. Eine Vorstellung, dass die natürliche Ordnung gestört worden sei» – schreibt Obama mit Blick auf seine Wahl zum ersten Schwarzen Präsidenten der USA. Es ist nur eines von vielen präzisen, emotionalen Statements.
Was einen bei der Lektüre erwartet: Fünf Fragen und Antworten.
Was beabsichtigt Barack Obama mit seinen Memoiren? Obama schreibt im Vorwort, dass er nicht «nur» ein historisches Protokoll anstrebe, sondern eine ehrliche Darstellung seines Werdegangs und seiner Präsidentschaft.
Barack Obama will den Leserinnen und Lesern einen Eindruck vermitteln, wie es sich anfühlt, Präsident der USA zu sein: «Ich wollte den Vorhang ein Stückchen zur Seite ziehen und die Leute daran erinnern, dass aller Macht und allem Pomp zum Trotz die Präsidentschaft auch nur ein Job ist und unsere Bundesregierung ein menschliches Unterfangen wie viele andere und dass die Frauen und Männer, die im Weissen Haus arbeiten, die gleiche tägliche Mischung aus Zufriedenheit, Enttäuschung, Reibereien im Büro, Fehlschlägen und kleinen Triumphen erleben wie der Rest ihrer Mitbürger.»
Was das ganze Buch überstrahlt: Obamas unerschütterlicher Glaube, dass, wenn er etwas ausführlich erzählt und von allen Seiten beleuchtet, jeder und jede verstehen wird, wieso er so und nicht anders regiert hat.
Ist es ein Versuch, das eigene Image aufzupolieren? Nein, dieser Eindruck entsteht nicht. Auffällig ist, dass Barack Obama oft Wörter wie «dennoch», «aber», «vielleicht» verwendet und damit eigene Aussagen relativiert oder die Möglichkeit unterschiedlicher Sichtweisen aufzeigt.
Selbstkritisch sagt er auch, er frage sich heute oft, ob er während seiner Präsidentschaft zu viel Vorsicht in Worten und Taten habe walten lassen.
Wovon erzählt er? Das Buch beginnt mit der Beschreibung seines Arbeitswegs von seiner Wohnung im Weissen Haus zum Oval Office. Dann wirft er einen Blick in die Vergangenheit, erzählt von seinem persönlichen Werdegang – «Ich war ein lustloser Schüler, ein leidenschaftlicher Basketballer mit bescheidenem Talent und ein unermüdlicher Partygänger.» – von Idealen, die er in der High School entwickelte, über sein soziales Engagement bis zu seiner Wahl ins Weisse Haus und seiner ersten Amtszeit.
Dieser erste Band – ein zweiter Band soll folgen – endet mit der Militäraktion, die im Mai 2011 zur Tötung Osama bin Ladens führte.
Wie schreibt Barack Obama? Das Buch liest sich zu weiten Teilen wie eine seiner Reden: präzis, stringent, differenziert, zugänglich und streckenweise emotional. Er ringt um die Wahrheit und will alles so umfassend wie möglich beschreiben. Deshalb hat dieser erste Band auch einen Umfang von rund 1000 Seiten.
Manchmal wird dieser Anspruch auf Vollständigkeit zum Handicap. Eine detaillierte Beschreibung politischer Konstellationen oder eine ausführliche Darstellung von Sichtweisen politischer Weggefährten können für die Leserschaft anstrengend sein.
Aber das wird ausgeglichen durch sehr persönliche Passagen, in denen Barack Obama erzählt, was in bestimmten Situationen in seinem Kopf vorging, wie auch Lektionen, die ihn seine Mutter gelehrt hatte, in seine Entscheidungen als Präsident einflossen – oder wie er nach einem Ort im Weissen Haus suchte, wo er in aller Ruhe heimlich eine Abendzigarette rauchen konnte.
Für wen schreibt er? Im Vorwort zu seinem Buch schreibt Obama, dass es sich vor allem an junge Leute richte, «als eine Einladung, die Welt noch einmal zu erneuern und durch harte Arbeit, Entschlossenheit und eine grosse Portion Fantasie ein Amerika zustande zu bringen, das endlich allem entspricht, was wir als Bestes in uns tragen.»