Kinderarbeit, Hungerlöhne, miese Arbeitsbedingungen: Schweizer Konzerne und Firmen werden immer wieder an den Pranger gestellt. Die Vorwürfe betreffen ihr Engagement im Ausland. Das will die Konzernverantwortungsinitiative ändern.
Für die Initiative legen sich auch kirchliche Hilfswerke und Kirchenleute ins Zeug. Felix Gmür, Bischof von Basel, gehört dem Unterstützungskomitee an. Das Hilfswerk Fastenopfer gehört zu den Trägerorganisationen der Initiative.
Bernd Nilles, Sozial- und Politikwissenschaftler und Geschäftsleiter beim Fastenopfer, begründet das Engagement: «Ich persönlich sehe auf meinen Auslandsreisen Menschenrechtsverletzungen und massive Umweltzerstörung – furchtbare Situationen. Und da müssen wir reagieren, das können wir nicht auf morgen verschieben.»
Gut gemeint ist nicht gut genug
Damit hat der Theologe und Ethiker Markus Huppenbauer ein Problem. Er bezweifelt, dass die Initiative der richtige Weg ist, um gegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung vorzugehen: «Ich habe ein Problem mit der Art und Weise, mit der das die Initiative klären will. Für mich ist der Knackpunkt die Klage- und Haftungsmöglichkeit. Menschen, die im Ausland durch Menschenrechtsverletzungen oder Umweltverschmutzung geschädigt wurden, hätten in Zukunft die Möglichkeit, vor einem Schweizer Gericht zu klagen. Das halte ich nicht für zielführend.»
Aber: Müsste ein Ethiker nicht eigentlich für die Menschenrechte und damit für die Initiative einstehen? Huppenbauer klärt: «Ich bin gegen die Initiative – aber nicht dagegen, dass wir Menschenrechte respektieren.»
Pflicht zur Rechenschaft
Das Herzstück der Initiative ist die sogenannte Sorgfaltsprüfungspflicht. Nach dem Willen der Initianten sollen die Konzerne und Firmen ihre Tätigkeiten im Ausland überprüfen und darüber Rechenschaft ablegen. Das heisst, dass ein Unternehmen alles tun muss, um Probleme zu erkennen.
Die Schweiz hätte laut Bernd Nilles mit dieser Initiative eine Vorreiterrolle und: «Wir würden unserer Verantwortung in der Welt gerecht werden», meint Nilles.
Kritiker hingegen monieren bei der Sorgfaltsprüfungspflicht einen unnützen bürokratischen Mehraufwand. Umstritten sind auch die Regelungen zur Haftung.
Markus Huppenbauer vermutet, dass die Initiative zu einer Verrechtlichung führen würde: «Es wird nur noch darum gehen, dass die Unternehmen rechtlich möglichst gut abgesichert sind oder sich dann aus Märkten zurückziehen.»
Den Wirtschaftsverbänden economiesuisse und SwissHoldings ist die Initiative ein Dorn im Auge. Sie kritisieren eben diese Verrechtlichung. Für sie ist klar, «dass die Volksinitiative einen nationalen Alleingang darstellt, den Wirtschaftsstandort schwächt und grosse Rechtsunsicherheiten schafft», wie sie in einer Mitteilung verlauten lassen.
Die Bezeichnung Konzernverantwortungsinitiative sei ein Etikettenschwindel. Betroffen seien auch kleinere und mittlere Unternehmen, sogenannte KMU’s. Kritiker nennen sie deshalb Unternehmens-Verantwortungs-Initiative.
Die Initiative sei rückwärtsgewandt und kontraproduktiv. Sie könne dazu führen, dass sich Firmen aus Märkten zurückziehen und auf die Zusammenarbeit mit lokalen Partnern verzichten. Eine Sackgasse.
Gegenvorschlag mit Potenzial
Im Nationalrat wird in der aktuellen Sommersession ein indirekter Gegenvorschlag zur Initiative diskutiert. Ausgetüftelt haben ihn Hans-Ueli Vogt (SVP Zürich) und Karl Vogler (CSP Obwalden).
Ihr Vorschlag greift das Hauptanliegen der Initiative auf, präzisiert die Sorgfaltsprüfungspflichten und schränkt die umstrittene Haftung ein. Bernd Nilles erklärt dazu: «Beim Gegenvorschlag, wie er jetzt vorliegt, würden wir die Initiative zurückziehen. So würde es auf Gesetzesebene geregelt und wir hätten einen viel schnelleren politischen Prozess.»
Markus Huppenbauer bleibt bei seiner kritischen Einschätzung der Initiative: «Ich halte diesen rechtlichen Mechanismus der möglichen Klage für nicht geeignet, um den Schutz der betroffenen Menschen herbeizuführen.»