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Wer steckt hinter dem Messenger-Dienst Telegram?
Aus Kultur-Aktualität vom 16.12.2021. Bild: Getty Images / SOPA Images
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Messenger-Dienst Telegram Hier haben Hass und Hetze freie Fahrt

Telegram steht zum wiederholten Mal in der Kritik: Über den Messenger-Dienst werden weitgehend ungestört Hassbotschaften mit zehntausenden Abonnenten geteilt. Sogar Mordpläne gegen einen deutschen Ministerpräsidenten sollen dort geäussert worden sein.

Gelöscht wird trotzdem kaum etwas, und auf Behördenanfragen reagieren die Verantwortlichen meist mit Schweigen. Der Sozialwissenschaftler und Journalist Marko Ković hat sich intensiv mit Telegram beschäftigt. Er weiss, wer dahinter steckt und welche Ziele die Verantwortlichen verfolgen.

Marko Kovic

Sozialwissenschaftler und Journalist

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Marko Kovic ist selbstständiger Sozialwissenschaftler. Der Journalist und Podcaster ist Mitbegründer und ehemaliger Präsident der «Skeptiker Schweiz».

SRF: Wieso verwenden Extremisten, Verschwörungstheoretiker und Islamisten so gerne Telegram und nicht einen anderen Messenger-Dienst?

Einerseits ist Telegram nicht Facebook. WhatsApp, das zu Facebook gehört, hatte in den letzten Jahren diverse Skandale. Darum haben sich viele Leute gesagt: «Da will ich nicht mitmachen, ich will eine alternative Plattform.» Andererseits geniesst Telegram den Ruf, sehr offen zu sein. Es gibt keine «Zensur». Man kann tun und lassen, was man will.

Wie sieht der Dienst denn aus?

Telegram ist ein Hybrid zwischen einem Messenger-Dienst wie WhatsApp und einer Social-Media-Plattform wie Facebook. Man kann sich über Kanäle und Gruppen ein grosses Publikum verschaffen, sich mit Tausenden von Menschen austauschen.

So kann man sich Echokammern schaffen, in denen viele Leute das Gleiche denken und man sich gegenseitig mehr oder weniger stetig radikalisiert.

Telegram wird das Social-Media-Netzwerk erster Wahl für Verschwörungs-Ideologien bleiben.

Telegram hat zwar den Ruf, ein besonders sicherer Messenger-Dienst zu sein. Dabei ist der Datenschutz nicht besser als bei anderen Diensten, sondern eher schlechter.

Hier ist Telegram ein PR-Coup gelungen. Im Vergleich zu anderen Messenger-Diensten ist Telegram deutlich weniger sicher. Die Verschlüsselung ist deutlich schlechter, Telegram ist sogar im Vergleich zu WhatsApp nicht zu empfehlen. In technischer Hinsicht ist die App eine mehr oder weniger offene Postkarte, die vor allem von den Betreibern immer gelesen werden kann.

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Welche Whatsapp-Alternativen gibt es?
aus Ratgeber vom 07.04.2020. Bild: Colourbox / SRF Digital
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In Russland hat sich Telegram-Gründer Pawel Durow jahrelang geweigert, den Behörden Nutzerdaten herauszugeben. Waren seine Absichten ursprünglich gut gemeint?

Was heisst denn «gut gemeint»? Durow ist sehr wahrscheinlich kein Kämpfer für Demokratie und freie Gesellschaften. Er ist ein Libertärer, er hat die gleiche Ideologie wie die Menschen im Silicon Valley.

Durow glaubt daran, dass der Staat nichts zu sagen haben darf und dass Menschen tun und lassen sollen, was sie wollen. Auch wenn es ganz hässliche Dinge sind.

Junger Mann lächelnd auf einem Podium
Legende: Wurde zum Millionär: der russische Tech-Unternehmer Pawel Durow Getty Images / Bloomberg

Telegram hat trotzdem schon Konten gesperrt, beispielsweise von IS-Kämpfern. Wieso kooperiert der Dienst Ihrer Ansicht nach jetzt nicht mit den Behörden?

Der Leidensdruck ist im Moment im Vergleich zum damaligen Terror viel zu gering. Damals hat nicht zuletzt die US-Regierung sehr viel Druck auf Social-Media-Plattformen ausgeübt und mit grossen Sanktionen gedroht.

Das ist im Moment nicht der Fall. Ohne diesen Druck sieht sich Telegram nicht genötigt, etwas zu tun.

Wie wird es mit Telegram weitergehen? In welche Richtung wird sich der Dienst entwickeln?

So wie es jetzt aussieht, hat Telegram ein grosses Publikum gefunden, der Dienst ist in der Pandemie stark gewachsen. Telegram wird nun versuchen, mit diesem Publikum Geld zu verdienen.

Die Millionen von Menschen, die heute auf Telegram sind, werden nicht so bald wieder verschwinden. Darum glaube ich, dass Telegram für die nächsten Jahre das Social-Media-Netzwerk erster Wahl für Verschwörungs-Ideologien, Hass-Ideologien und für Gewaltfantasien bleiben wird.

Das Gespräch führte Katharina Brierley.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 16.12.2021, 07:06 Uhr. ; 

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