Zwei Jahre ist es her, dass der Hashtag «MeToo» so richtig Fahrt aufnahm. Frauen aus aller Welt teilen seither in den sozialen Medien ihre Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen, Missbrauch und Diskriminierung.
Begünstigt wurde all das durch die intensive Recherche zweier Journalistinnen: Jodi Kantor und Meghan Twohey berichteten in der «New York Times» über die Missbrauchsvorwürfe gegen den Filmmogul Harvey Weinstein. In ihrem Buch «She Said» erzählen sie nun die ganze Geschichte in ihren eigenen Worten nach.
Die sozialen Medien machten es möglich
Vor zwei Jahren klagten Schauspielerinnen den Filmproduzenten Weinstein an, sie sexuell genötigt und vergewaltigt zu haben. Erst waren es einzelne. Dann wurden es immer mehr. Jetzt muss er sich Anfang 2020 vor Gericht verantworten.
Dass Harvey Weinstein das muss, haben wir den beiden New Yorker Journalistinnen Jodi Kantor und Megan Twohey zu verdanken. Sie deckten das System aus Missbrauch und Vertuschung auf.
Hätte es gleichzeitig den Hashtag «Metoo» nicht gegeben, hätte wohl alles viel länger gedauert.
Denn in den sozialen Medien war das möglich, was die klassischen Medien bis dahin nicht leisten wollten oder konnten: sagen, was ist. Sei es, weil Anschuldigungen juristisch nicht eindeutig beweisbar waren und die Berichte darüber anfechtbar gewesen wären, oder sei es, weil Frauen den Medien nicht vertrauten.
Ein weiterer Grund, der gegen die Medien sprach: «Die berühmten Frauen wollten nicht Teil eines schmutzigen Hollywood Sex-Skandals werden», erzählt Jodi Kantor rückblickend.
In Hollywood war alles bekannt
Niemand wollte wahrhaben, was eigentlich alle längst wussten. Weinsteins sexuelle Übergriffe waren in der Szene bekannt. In der Branche waren sie Gegenstand von Witzen, an der Oscar-Verleihung 2013 wurden sie sogar öffentlich thematisiert.
Und es war nicht nur Harvey Weinstein. Schauspieler Bill Cosby oder der Sänger R. Kelly – sie alle müssen sich inzwischen juristisch verantworten oder sitzen bereits in Haft.
Durch die Zahl dieser Vorfälle gelang der Bewegung etwas, das vereinzelten Berichten über sexuelle Belästigung so nie gelungen wäre: ein Aufschrei in der Gesellschaft und die Forderung nach Gleichheit vor allem am Arbeitsplatz.
Der gemeinsame Nenner
Warum für die Frauen gerade der Arbeitsplatz so gefährlich werden konnte, erklärt Jodie Kantor: «Egal ob wir über junge Assistentinnen oder Schauspielerinnen reden, sie hatten einen gemeinsame Nenner: Es waren Frauen mit Hoffnungen, mit Ehrgeiz und mit Träumen. Sie wollten arbeiten. Sie wollten Chancen.»
Weinstein schien etwas anderes gewollt zu haben. Seine Botschaft an die Frauen sei deutlich gewesen: Wenn du nicht mitmachst, hat das negative Folgen für deine Karriere. «Das ist die Essenz dieser Geschichte», sagt Kantor.
Von allen bewusst ignoriert
Die Debatte verdeutlicht: Es sind individuelle Übergriffe von einzelnen Tätern, die jedoch legitimiert wurden durch das Wegschauen, das Ertragen, das Leugnen aller.
Das Buch «She Said» leistet in der Aufarbeitung einen wichtigen Beitrag, denn es zeigt auf was Recherche-Ergebnisse wirklich beweisen können. Die Ohnmacht der Opfer macht der Titel «She Said» jedenfalls deutlich.