- Bassist Marcus Miller telefoniert mit dem Manager von Warner Brothers und fragt ihn, ob Miles Davis zu ihnen komme. Der fragt ihn: «Wieso, hast du was für uns?» Miller legt auf und hat die Basslinie zu «Tutu» im Kopf.
- Miller produziert schlussendlich fast die ganze Platte, «Tutu» katapultiert Miller in den Jazz-Olymp.
- Die Platte ist ein Masterpiece und das hängt auch mit dem Cover zusammen, das Foto dazu stammt vom berühmten Irving Penn.
Manches braucht ewig, hier reicht eine Sekunde
Anfangs der 1980er-Jahre bekommt der junge Bassist Marcus Miller den Anruf, von dem die allermeisten Musiker seiner Generation nur träumen konnten: Einen Anruf von Miles Davis, der lebenden Trompeten-Legende. Miller spielt also mit Miles – und wird so über Nacht zu einem berühmten Musiker.
Nach rund zwei Jahren und vielen Konzerten endet die Tour mit Miles Davis, und Marcus Miller hört ein paar Jahre nichts vom grossen Meister. Dann aber vernimmt er, dass Miles Davis vom Label Columbia zu Warner Brothers wechselt.
Er zögert nicht lange und nimmt selber den Hörer in die Hand. Nicht um Miles Davis anzurufen, nein: Marcus Miller ruft einen Bekannten bei Warner Brothers an, den Manager Tommy LiPuma, und fragt ihn: «Stimmt das, kommt Miles Davis zu euch?»
Und der sagt: «Das stimmt. Hast du Musik für uns?» Marcus Miller: «Ja, klar, ich stelle was zusammen!» Sagt's, legt den Hörer auf die Gabel – und hat in dieser Sekunde die Basslinie von « Tutu » auch schon im Kopf.
«Tutu» wird nicht nur das Titelstück des ersten Albums von Miles Davis für Warner Brothers. Es wird auch ein Riesenerfolg und beschert Miles Davis Konzerte durch Amerika, Europa und Japan.
Mit anderen Worten: Miles Davis, nach seinem Absturz Ende der 1970er-Jahre wieder einmal totgesagt, macht 1986 das Unmögliche möglich und schafft es noch einmal ganz an die Spitze.
Erfolg auf der ganzen Linie
Fast ebenso erfolgreich wie das Album «Tutu» ist auch das dazugehörige Albumcover mit der Nahaufnahme von Miles Davis, mit seinem verbrauchten Gesicht und den hellwachen Augen, die wie zwei schwarze Löcher alles in sich hineinzusaugen scheinen.
Die Designerin Eiko Ishioka bekommt 1987 einen Grammy für das Beste Albumcover, und das Miles-Davis-Portrait von Irving Penn wird rasch zu einem der bekanntesten Künstler-Portraits überhaupt.
Sendungen zum Thema
So kommt bei «Tutu» noch einmal alles zusammen: Irving Penn macht ikonographische Bilder von einem Miles Davis, der alt geworden ist, aber immer noch brennt, und neugierig genug ist, um seinen jungen Bassisten Marcus Miller nach den neuesten Trends auszufragen.
Und wenn Marcus Miller bisher als einer der Sidemen von Miles Davis berühmt war, dann katapultiert ihn das Album «Tutu» definitiv in den Jazz-Olymp.
Es blieb nämlich – nach dem Telefogespräch mit Tommy LiPuma – nicht bei der einen genialen Basslinie. Marcus Miller produziert als Musical Director fast im Alleingang das ganze Album.