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Momentaufnahmen Wie Querkopf David Lynch nachts zu seinem surrealen Kino fand

Ende Mai 1973 beginnen die Dreharbeiten zu David Lynchs erstem Spielfilm. Der 27-Jährige sprüht vor Tatendrang und rechnet mit einer Drehzeit von sechs Wochen. Eine allzu naive Schätzung. Da nur nachts gedreht werden kann, bringt «Eraserhead» David Lynch und seine Crew vier Jahre um den Schlaf.

  • Lynch dreht «Eraserhead» in einem Speicher über einem kleinen Studio. Da kann er nur nachts drehen. Aus den geplanten Wochen werden vier Jahre.
  • Der Film hat gespenstische Parallelen zum wirklichen Leben, Lynch verwandelt sich im Anschluss an die Dreharbeiten in seine Hauptfigur zumindest äusserlich.
  • «Variety» lässt den Film fulminant durchfallen. Wäre nicht der unabhängige Verleiher Ben Bahrenholz gewesen, dann wären Lynch und sein Eraserhead in der Versenkung verschwunden.

Der Film, der aus der Nacht kommt

«Momentaufnahmen»

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Alle Momentaufnahmen finden Sie hier.

Auf Radio SRF 2 Kultur sind die Momentaufnahmen vom 2. bis 6. Januar 2017 zu hören jeweils um 8.20 Uhr.

Auf die Frage, warum «Eraserhead» nicht tagsüber gedreht werden kann, hat David Lynch eine einleuchtende Antwort. Über die kleinen Studio-Räume und den grossen Speicher, in denen sein Spielfilm-Debüt in Los Angeles entsteht, kann er nur nachts frei verfügen: «Abends waren alle weg. Und ausserdem war es ein Nachtfilm. Die Atmosphäre stimmte, das ist das Entscheidende.»

Der Kaffee-Becher, den David Lynch im Bild in der Hand hält, gehörte darum zu den wichtigsten Utensilien des Jungfilmers. Mit «Eraserhead» sucht er die Dunkelheit und findet so zu seinem surrealistischen Stil.

Als Inspirationsquellen gibt Lynch Gogol und Kafka an, aber auch persönliche Erfahrung dürften sein erstes abendfüllendes Regiewerk geprägt haben. David Lynch wird bereits mit 22 Vater. Das Kind, welches mit verformten Füssen das Licht der Welt erblickte, ist nicht geplant und Lynchs Angst vor dem damit verbundenen Verantwortung riesig.

Seine Tochter Jennifer erklärt später in einem Interview, dass die Familiengründung für ihren Papa ein «wahr gewordener Albtraum» gewesen sei.

Babys, Turmfrisuren und andere Monstrositäten

Die Parallelen zu «Eraserhead» sind offensichtlich. Im unheimlichen Film geht es um das Unbehagen eines Mannes gegenüber seiner ungewollten Vaterschaft. Das ständig wimmernde Baby sieht aus wie ein kleiner Wurm und erinnert nur vage an ein menschliches Wesen. Der Mann wiederum gleicht David Lynch frappant und ist nicht nur deshalb als dessen filmisches Alter Ego zu verstehen.

Video
Trailer «Eraserhead»
Aus Kultur Extras vom 19.06.2015.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 42 Sekunden.

Die wilde Turmfrisur, die der Regisseur seinem Hauptdarsteller Jack Nance für den Dreh verordnete, ist mittlerweile zu David Lynch Markenzeichen geworden. Das Gespenstische an diesem Foto: Auf den ersten Blick hält man den jungen Mann rechts im Bild für Lynch. Irrtum. Es ist umgekehrt.

Auf dem Foto ist zudem noch verwirrend, dass für einmal der Schauspieler Nance der Mann hinter der Kamera und Lynch die Projektionsfläche für dessen Wünsche, Manien und Abgründe ist. Beide spiegeln sich. In Wirklichkeit wird Lynch nach den Dreharbeiten den Look seines Darstellers annehmen.

«Unerträglich geschmacklose Erfahrung»

Im Sommer 1976 ist das vieldeutige Kinokunstwerk über den «Radiergummikopf» (die wortwörtliche Übersetzung von «Eraserhead») dann endlich fertig. Das Interesse am surrealistischen Film mit der schwer zu beschreibenden Handlung ist zunächst bescheiden. Doch es kommt noch schlimmer.

Nach der Premiere auf dem Filmex Festival in Los Angeles bezeichnet das renommierte Fachblatt «Variety» den Film im März 1977 gar als «unerträglich geschmacklose Erfahrung».

Ben Bahrenholtz, ein unabhängiger Verleiher aus New York, erkennt dagegen sofort das Potenzial von «Eraserhead» und nimmt den Film in sein Mitternachtsprogramm auf. Daraufhin entwickelt sich Lynchs Erstling vom Underground-Geheimtipp zum Dauerbrenner, der sich bis 1982 in den Kinos hält.

David Lynchs Karriere ist damit lanciert und der Ruhm von «Eraserhead» wächst von Jahr zu Jahr. Regisseure wie Stanley Kubrick oder John Waters beginnen, den Film als surrealistischen Kunstwerk zu begreifen, mit dem David Lynch zu seinem unverkennbaren Stil gefunden hat.

Das hat er tatsächlich. Mit einem «Nachtfilm», der sich beim Schauen immer so anfühlt, als ob man selbst träumen würde.

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