Teil einer Institution zu sein, die Frauen systematisch diskriminiere, das sei schon «absurd», sagt Elke Kreiselmeyer. Sie ist römisch-katholische Gemeindeleiterin in Baselland.
Sie frage sich manchmal selbst, ob es vertretbar sei, als «Frau, Feministin und Bürgerin eines demokratischen Landes» daran mitzuwirken, dass diese Organisation weiter «besteht, diskriminiert und missbraucht».
Gesprächsthema Nummer eins
Elke Kreiselmeyer kenne einige, die nicht mehr dabei sind. Kollegen, die ihren Partner nicht mehr verstecken wollten und deshalb ihre religiöse Heimat aufgaben.
Die Frage nach dem Austritt sei virulent, seitdem bekannt wurde, dass es auch in der Schweiz so viele Missbrauchsfälle und systematische Vertuschungen in der katholischen Kirche gegeben habe. Sie spreche derzeit eigentlich in jeder kirchlichen Gruppe darüber, so die Gemeindeleiterin.
Dabei erlebe sie die Liturgie der römisch-katholischen Kirche als Element, das Menschen beheimate, sie sei verbindend über den Globus hinweg. Man könne darin «verschwinden», abtauchen und wieder auftauchen wie bei einem Fluss und so ihre «grosse meditative, spirituelle Kraft» erleben.
Aktive Mitglieder zweifeln an «ihrer» Kirche
Silvia Patscheider ist seit über 50 Jahren in verschiedenen Gremien und Initiativen römisch-katholischer Kirchengemeinden aktiv. Sie gestaltet Gottesdienste, Weltgebetstage, für die Anliegen der Frauen pilgerte sie nach Rom und protestierte gegen erzkonservative Bischöfe.
Ihr Engagement ist und war immer wieder auch ein «Trotzdem». Sie sei so lange dabei geblieben, weil sie immer Möglichkeiten und Spielräume gehabt habe, mitzugestalten.
Zurzeit hadert sie wieder mehr mit ihrer Kirche. Auf die aktuelle Studie angesprochen, sagt sie, sie habe «wütend und hilflos» reagiert. Sie habe schon überlegt, zu den Reformierten zu wechseln. Aber das fühle sich nicht nach Heimat an.
Verbundenheit bleibt
Wie Elke Kreiselmeyer empfindet auch Silvia Patscheider nach wie vor eine Verbundenheit zu ihrer Kirche, das drücke sich vor allem in kleinen beglückenden Moment aus. Zum Beispiel während eines speziellen, von Ehrenamtlichen geleiteten Gottesdienst in dem ein Trio Akkordeon, Geige und Flöte spielte. Plötzlich hätten die Menschen sich angeschaut, seien aufgestanden und hätten getanzt, mitten in der Kirche.
Auch die von ihr mit initiierte und von einer Künstlerin gestaltete Lebensecke bereite ihr nach wie vor Freude. Während des Gottesdienstes werden Namen von Neugeborenen und Verstorbenen vorgelesen und die Klangschale ertönt. Das sei oftmals «ein ganz dichter Moment», erzählt Silvia Patscheider.
Die Gretchenfrage
Die römisch-katholische Kirche sei eben beides, sind sich die beiden Frauen einig: Ein Ort, an dem Menschen das ganze Leben miteinander feiern und teilen. Eine Möglichkeit, sich zu verbinden, vor Ort und weltweit.
Aber auch eine Institution, die sie an vielen Punkten als starr und verhindernd erleben, als ausgrenzend und diskriminierend. Eine Organisation, die jahrzehntelang Täter statt Opfer geschützt hat. Gläubige wie Silvia Patscheider fragen sich deshalb: Soll ich bleiben oder gehen?
Vorerst will sie aber bleiben, denn: «Wenn ich drinbleibe, kann ich noch etwas machen. Wenn ich austrete, ist gar nichts mehr möglich.»