Eine Sohle ist durchgelaufen? Die Schuhe landen im Müll. Das Radio scheppert? Ein neues Gerät ist günstiger als die Reparatur. Von diesem Umgang mit Alltagsgegenständen sollten wir uns verabschieden, empfiehlt die Ausstellung «Repair Revolution» im Museum für Gestaltung mit Blick auf die Müllberge der Wegwerfgesellschaft.
Die Schweiz ist zwar Weltmeisterin beim Recycling, aber auch beim Verbrauch belegt sie im europäischen Vergleich einen Spitzenplatz.
«Wir werfen jährlich 23 Kilogramm Elektroschrott pro Person weg», sagt Ausstellungskuratorin Sara Zeller. Dazu kämen 15 Kilogramm Kleidung. Diese gewaltige Menge veranschaulicht eine Installation beim Eingang der Ausstellung auf dem Toni-Areal.
Ode an die Flickkunst
Sinnlich und analytisch nähert sich die Schau dem Umgang mit Reparaturen: Sie feiert die Schönheit von reparierten Objekten und erinnert an die Flickkunst, die frühere Generationen noch selbstverständlich beherrschten. Davon lassen sich heute junge Modedesignerinnen inspirieren, wenn sie Kleider mit bewusst gestalteten «Narben» entwerfen.
Die Schau zeigt auch neue technische Möglichkeiten, die das Reparieren revolutionieren können. Zum Beispiel der 3-D-Drucker: Für defekte Kleinteile finden sich im Netz Informationen zum Nachdrucken, wie Sara Zeller erklärt: «Damit kann jede Person in einem 3-D-Laden ein Objekt nachdrucken lassen.»
Modern heisst modular
Im Herzstück der Ausstellung geht es um die Rolle des Designs für die Nachhaltigkeit, denn: «Reparieren beginnt beim Entwurf», sagt Sara Zeller. Das sei derzeit ein grosses Thema an Schweizer Design-Hochschulen.
Die Ausstellung zeigt Prototypen von Gebrauchsgegenständen, die modular aufgebaut sind: Schuhe, die gleich mit Ersatzteilen geliefert werden. Ein Laptop, bei dem man selbst den Akku austauschen kann. Oder das Modell eines kabellosen Kopfhörers, der sich in Einzelteile zerlegen und an die schnelle technologische Entwicklung anpassen lässt.
Reparaturfeind Apple
Sind solche Entwürfe auch im Interesse der Industrie? Schliesslich wollen Hersteller möglichst viel verkaufen – Reparierbarkeit ist schlecht fürs Geschäft. Tatsächlich finden sich solche Objekte erst in einem hochpreisigen Nischen-Segment, sagt Sara Zeller. Der Mainstream ist weit davon entfernt.
Noch immer gibt es Hersteller, die gezielt Reparaturen verhindern. Die Ausstellung benennt einige dieser «Reparaturfeinde»: Apple etwa entwickelte 2009 einen Schraubenkopf, der nur mit einem speziellen Schraubenzieher entfernt werden kann. Die Drucker von Epson verweigern derweil nach einer gewissen Zeit wegen eines angeblich vollen Tintenkissens den Dienst.
Das Recht auf Reparaturen
Ohne politische Weichenstellungen wird sich daran nichts ändern. In manchen Ländern gilt es bereits als Straftat, die Lebensdauer von Produkten absichtlich zu verkürzen. In der EU ist das «Right to Repair» in Kraft, das Hersteller verpflichtet, während zehn Jahren Ersatzteile für gewisse Geräte bereitzustellen.
Und auch in der Schweiz verhandelt der Nationalrat im Frühling über Anreize für Reparaturen, im Rahmen einer Revision des Umweltschutzgesetzes. Darauf verweist eine Timeline in dieser Ausstellung, die klarmacht: Ob wir in Zukunft wieder mehr reparieren, ist eine Frage der Gestaltung.