- Bibelübersetzungen wurden neuen Erkentnissen der Bibelforschung und Veränderungen im Sprachgebrauch angepasst.
- Die Rolle der Frauen im frühen Christentum findet in den Übersetzungen wieder mehr Beachtung.
- An der neuen Übersetzung der Lutherbibel haben 70 Fachleute gearbeitet, sie orientiert sich wieder stärker am Original .
«Brüder und Schwestern», mit diesen Worten spricht der Apostel Paulus in seinen Briefen in den revidierten Ausgaben der Einheitsübersetzung und der Lutherbibel seine Gemeinden an.
Bisher hiess es da einfach nur: «Liebe Brüder». Die zentrale Rolle von Frauen in den frühen christlichen Gemeinden wird damit ins rechte Licht gerückt.
Paulus preist nun eine Frau
Noch ein erstaunliches Beispiel gar einer Geschlechtsanpassung findet sich im Römerbrief (Kapitel 16, Vers 7) im Zweiten Testament. In der ursprünglichen Einheitsübersetzung heisst es: «Grüsst Andronikus und Junias, die zu meinem Volk gehören und mit mir zusammen im Gefängnis waren.»
Neu ist an dieser Stelle von Junia die Rede. Aus Junias ist Junia geworden. Den Männernamen Junias gab es in der Antike gar nicht. Paulus preist Junia zudem als herausragende Apostelin.
Gott bleibt der «Herr»
Der Text kehrt damit zum Original zurück und rehabilitiert Junia. Frauen haben im frühen Christentum bei der Verkündigung des Evangeliums und der Leitung von Gemeinden eine wichtige Rolle gespielt.
Diese Erkenntnis findet wieder Eingang in die Bibel. Hingegen wird der Gottesname im Alten Testament nach wie vor mit «Herr» wiedergegeben. Das zementiert ein männliches Gottesbild.
Warum braucht es neue Bibelübersetzungen?
Die Sprache ändert sich, zeitbedingte Redewendungen werden angepasst und neue Erkenntnisse der Bibelforschung werden eingearbeitet. Die Übersetzungen müssen immer neu mit dem hebräischen (Erstes Testament) und griechischen Originaltext (Zweites Testament) verglichen werden.
In den revidierten Bibelausgaben werden an vielen Stellen antijüdische Formulierungen korrigiert. Dies betrifft in erster Linie Übertitel, die nicht zum Originaltext gehören. Sie dienen der Leserführung.
Wo bisher im Römerbrief (Kapitel 11, 1) stand: «Nicht ganz Israel ist verstockt», heisst es nun in der Lutherbibel: «Gott hat sein Volk nicht verstossen».
Dem Volk aufs Maul sehen
Die Lutherbibel geht auf die Original-Übersetzung des Reformators Martin Luther aus dem 16. Jahrhundert zurück. Luther übersetzte das Neue Testament in elf Wochen, für das Alte Testament benötigte er dann allerdings zwölf Jahre.
Gutes, genaues Deutsch, das war seine Maxime. Luther wollte «dem Volk aufs Maul sehen». Seine Übersetzung wurde später allerdings ergänzt oder an den Sprachgebrauch in den verschiedenen Regionen des deutschsprachigen Raumes angepasst.
70 Fachleute haben den Text nun für die revidierte Übersetzung zum Reformations-Jubiläumsjahr 2017 durchgesehen. Die Lutherbibel 2017 orientiert sich wieder stärker am Original. Viele Ausdrücke Luthers haben sich als treffender erwiesen als spätere Korrekturen.
Nicht ganz ökumenisch
Die Einheitsübersetzung ist eine einheitliche Übersetzung für alle deutschsprachigen Bistümer der römisch-katholischen Kirche. Bisher wurde die Einheitsübersetzung von den Bischofskonferenzen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz und für die Psalmen und das Neue Testament auch im Auftrag des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland herausgegeben.
Die Evangelische Kirche ist bei der revidierten Einheitsübersetzung nicht mehr dabei. Ein Stückchen Ökumene weniger.
Nachschlagen und vergleichen
Gehören die bisherigen Bibelausgaben nun aufs Altpapier? Mitnichten. Es lohnt sich, eine revidierte Bibelübersetzung anzuschaffen. Und dann: nachschlagen und vergleichen. Die revidierten Übersetzungen sind mehr als alter Wein in neuen Schläuchen.