Fremdenhass und Islamophobie, Antisemitismus, Kritik an Gendering und Homophobie: Die fünf Autoren von «Christentum von rechts» finden in der christlich-rechten Szene die komplette rechte Denkweise.
Zum Beispiel die Piusbrüder
Gleichwohl ist das rechte Christentum weder eine Kirche noch einheitliche Bewegung. Es findet sich in christlichen Rand-Milieus: in rechts-evangelikal und nationalistisch orientierten Kreise oder bei erzkonservativen Lutheranern, die die Frauenordination ablehnen.
Es findet sich aber auch bei rechtskatholischen Traditionalisten wie den Piusbrüdern. Diese wurden von Rom exkommuniziert, weil sie die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils ablehnen.
Dieses fand in den 1960er-Jahren statt und beschloss unter anderem, dass Frauen in der Messe mitwirken dürfen. Oder dass sich die Kirche vom Antijudaismus abkehrt.
Aus dem Juden- wird Muslimhass
Den Antijudaismus pflegen besonders rechtskatholische Kreise weiter. Das fügt sich nahtlos in antisemitische Verschwörungstheorien ein.
Im evangelikalen Spektrum gibt es aber auch «israelfreundliche» Gruppen: «Christliche Zionisten» pflegen jedoch eher die Islamophobie. Sie haben ihr Feindbild weg vom «Weltjudentum» hin auf «den» Islam verlegt.
Jetzt sei nicht mehr nur «das Volk», «die weisse Rasse», sondern auch ein «christliches Abendland» vom Untergang bedroht.
Angst vor dem eigenen Verschwinden
Unter dem Schlagwort «Christenverfolgung» wird die Angst verstärkt, das Christentum könne verschwinden und «dem» Islam das Feld überlassen.
Das täuscht über die komplexen Zusammenhänge religiöser Konflikte hinweg. Doch diese genau zu analysieren, ist kompliziert. Einfacher ist es, Schuldige zu finden und sich selbst als Opfer zu stilisieren.
Neue rechte Intelligenzia
Noch tummeln sich «rechte Christen» vor allem im Netz. Noch sei ihre Sprache polemisch und arm an Argumenten. Das ändere sich aber, warnen die Autoren von «Christentum von rechts». Sie alle dozieren an Universitäten in Theologie und Ethik und beobachten mit Sorge, wie eine neue rechte Intelligenzia christliche Hochschulen infiltriere.
Ein Beispiel sind die «Christen in der AfD» und ihre parteinahe «Desiderius Erasmus Stiftung». Die Namensgebung nach dem grossen Humanisten Erasmus von Rotterdam zeige, wie sich die christliche Rechte in eine akademisch-christliche Tradition stellen möchte. Eine Verwechslung mit den Erasmus-Programmen europäischer Universitäten scheint gewollt.
Anleihen bei Bonhoeffer
Besonders alarmierend ist für die evangelischen Studienautoren die Instrumentalisierung des christlichen Widerstandsgedankens. Er wurde von Dietrich Bonhoeffer geprägt.
Der evangelische Theologe war die Führungsfigur des kirchlichen Widerstandes gegen den Nationalsozialismus. Er wurde von den Nazis 1945 hingerichtet. Erst nach dem Krieg entfalte sich seine Widerstandstheologie und Ethik in der Kirche.
Jetzt bedienen sich also rechte Christinnen und Christen dieses «Widerstandstopos». Das ist nicht nur geschichtsvergessen, es ist auch anstössig.