Sollten Prominente aus dem Showbusiness politisch Position beziehen? Diese Frage stellte die New York Times ihren Lesern. Denn mit Taylor Swift und Kanye West haben kürzlich zwei einflussreiche Popgrössen genau das getan. Die Antworten auf die Frage fielen unterschiedlich aus.
Die einen finden: Auf keinen Fall, Prominente sind für Eskapismus zuständig und haben dabei zu bleiben.
Die anderen meinen: Unbedingt, sie sind sogar dazu verpflichtet, ihre Plattform zu nutzen und ihren Fans ins Gewissen zu reden.
Die dritten scheren sich nicht um die politischen Ansichten von Swift, West und Co. Für sie zählt einzig deren kreative Leistung.
Von Musik zu Politik
Tatsache ist: In der Ära von Donald Trump fühlen sich Prominente aus der Unterhaltungsindustrie zu politischen Bekenntnissen bemüssigt, die bisher eisern an ihrer Neutralität festgehalten haben. Wie Taylor Swift.
Bisher habe ich es vermieden, meine politischen Ansichten zu äussern. Wegen verschiedener Ereignisse in den letzten zwei Jahren sehe ich das heute sehr anders.
Präsident Trump wiederum liebt die Aufmerksamkeit, die ihm dadurch zuteil wird. Wohl nicht zuletzt deshalb, weil er selber bis vor seinem Amtsantritt einer von ihnen war.
Jene, die ihn kritisieren, greift er persönlich an, etwa Stars wie Jay Z und Beyoncé oder verschiedene Late Night-Comedians.
Swift animiert Wähler
Wer ihm schmeichelt, wird mit den Ehren eines Staatsgastes im Oval Office empfangen – wie Kanye West, dessen bizarres Gipfeltreffen mit Trump dort just zu dem Zeitpunkt stattfand, als Hurrikan Michael über Florida hereinbrach.
I love this guy right here
Grössen der Popkultur gelingt es, ein Bevölkerungssegment zu mobilisieren, das Politiker oft vergeblich zu erreichen versuchen: Millennials.
Umfragen zufolge bezeichnen sich nämlich in den USA nur 16 Prozent der unter 30-Jährigen als politisch interessiert.
Kaum hatte jedoch Taylor Swifts Botschaft die Runde gemacht, in der sie sich für zwei demokratische Kandidaten in den bevorstehenden Parlamentswahlen aussprach, schnellte die Zahl neu registrierter Wähler in die Höhe.
Flirt mit Trump
Die Bekenntnisse der Stars für oder gegen Trump sorgen auch für merkwürdige Allianzen. Kanye Wests Romanze mit dem US-Präsidenten hat zur Folge, dass weisse Republikaner wohl zum ersten Mal in ihrem Leben einem schwarzen Rapper applaudieren.
Dagegen beklagt die extreme Rechte den Verrat der blonden, blauäugigen Taylor Swift, die sie bis anhin als «arische Königin» gefeiert hat.
Werbung statt Argumente
Politische Äusserungen von Prominenten werden in den US-Medien so ausführlich diskutiert, als geschähe nichts anderes auf der Welt. Dabei demonstriert die Aufregung über plötzlich politisierte Pop-Idole vor allem, wie gross deren Reichweite inzwischen ist.
Der Einfluss einer Person basiert auf der Zahl ihrer Twitter- oder Instagram-Follower. Berühmtsein allein ersetzt Argumente. Da wird es schwierig, zwischen Relevantem und Irrelevanten zu unterscheiden.
Politische Parteinahme eines Prominenten wirkt wie eine weitere Art von Werbung: Ob Turnschuh oder Senator, Lippenstift oder Präsident – gibt es das Qualitätssiegel eines Promis, erübrigt sich das Denken. Das ist bedenklich. Egal, ob es sich beim Star dieser Reality Show um Donald Trump handelt oder um jemand anderen.