Sozialdetektive, Waffenexporte, No Billag, Energiestrategie, Unternehmenssteuerreform: Zu all diesen Themen – und vielen mehr – haben sich Pfarrerinnen und Pfarrer, Bischöfe und viele andere Kirchenleute in den letzten Jahren geäussert.
Sie sassen in Abstimmungskomitees, haben Flyer verteilt, offene Briefe geschrieben. Sie haben sich im Gespräch, in den sozialen Medien oder auch im Gottesdienst für ihre Anliegen eingesetzt. Sprich: Sie haben Politik gemacht.
Die Bibel bietet Prinzipien, sagen die einen
Zu viel Politik, findet nun ein Thinktank um CVP-Parteipräsident Gerhard Pfister. In einem Artikel im «Tages-Anzeiger» geht er mit politisch engagierten Kirchenleuten hart ins Gericht. Es spricht von einem «Rückfall ins Mittelalter» und sagt, Pfarrerinnen und Pfarrer seien oft zu schlecht informiert.
Zwar finden auch die Kritiker einer politisch engagierten Kirche, es sei in Ordnung, aus der Bibel gewisse ethische Prinzipien abzuleiten – Prinzipien wie die Nächstenliebe etwa. Doch es sei nicht legitim, mit biblischen Normen Politik zu machen.
Die Bibel ist politisch, sagen die anderen
Ganz anders sehen dies naturgemäss die politisch engagierten Pfarrerinnen und Pfarrer. Sie sagen: Die Bibel selbst sei politisch, sie handle vom Leben, von Menschen am Rande der Gesellschaft, von der Bewahrung der Schöpfung.
Es sei also gerade die Aufgabe von Pfarrerinnen und Priestern, aus der Bibel eine politische Haltung abzuleiten – und zwar auch ganz konkret zur Sozialpolitik oder dem Natur- und Umweltschutz.
Wichtiges Zeichen im Ringen um Relevanz
Nun geht es in dieser Diskussion um handfeste Interessenpolitik. Wenn etwa ein Bischof zu Beginn des Wahljahres die Kirchen aufruft, sich für Benachteiligte einzusetzen, ist klar: Mit ihren Parolen machen die Kirchenvertreter der Politik Konkurrenz.
Doch es geht in der Debatte noch um mehr. In einer Zeit, in der immer weniger Leute die Gottesdienste besuchen, in der die Bedeutung der Landeskirchen abnimmt, muss sich die Kirche Gehör verschaffen. Sie muss zeigen, dass sie in der Gesellschaft noch etwas zu sagen hat.
Wenn die Kirche relevant bleiben will, muss sie also politisch Stellung beziehen. Doch tut sie dies zu oft, läuft sie Gefahr, in der Kakophonie der Meinungen unterzugehen. Die Frage ist also nicht, ob die Kirche sich politisch äussern soll, sondern in welchem Masse.