Je mehr die Bewohner eines Landes wegwerfen, desto kleiner ist die Umweltbelastung durch den Abfall. Zu diesem überraschenden Ergebnis kamen Forscher der Hochschule für Technik Rapperswil (HSR). Es kommt nicht darauf an, wie viel Abfall anfällt, sondern wie dieser verwertet wird.
Die Schweiz unter der Müll-Weltspitze
Die Schweizer gehören weltweit zu den grössten Müllproduzenten: 2017 waren es mehr als 700 Kilogramm pro Person.
Etwa die Hälfte der Siedlungsabfälle, also des gewöhnlichen Hauskehrichts und Abfälle aus kleinen Unternehmen, werden recycelt. Die andere Hälfte wird verbrannt. Deponiert werden Siedlungsabfälle in der Schweiz seit 2000 nicht mehr.
Reiche Länder leisten sich umweltfreundliche Abfallwirtschaft
Die Forscher berechneten mit einer Ökobilanz den Umwelteinfluss des Mülls und fanden Erstaunliches: Je mehr Abfall ein Land produziert, desto weniger schädigt dieser die Umwelt.
Der Grund: Die Länder mit der grössten Abfall-Produktion sind wohlhabend. Reiche Länder können sich eine moderne und umweltfreundliche Abfallwirtschaft leisten. Die Schweiz ist ein gutes Beispiel dafür.
Recyceln, verbrennen oder deponieren?
Recycling ist die umweltschonendste Abfallverwertung. Es ersetzt Rohstoffe, deren Gewinnung umweltbelastend sein kann. Nach dem Recycling ist auch die Verbrennung eine sinnvolle Verwertung.
Die Abwärme kann effizient genutzt werden, um etwa ganze Wohnquartiere zu beheizen. Diese beiden Methoden sind jedoch sehr teuer.
Die unökologischere und günstigere Lösung ist die Deponie. Katastrophal und noch billiger sind «wilde» Müllhalden. Bei diesen können Giftstoffe ungehindert ins Grundwasser fliessen. Solche gibt es vor allem noch in flächengrossen Ländern wie Kanada und den USA und in armen Ländern.
«Zero Waste» bringt nichts
Der grösste Anteil der Siedlungsabfälle sind Verpackungen. Diese landen zwar im Müll, erfüllen aber auch einen Zweck: Sie schützen die Waren.
Dadurch gibt es etwa weniger Ausschuss im Handel. Lebensmittel sind länger haltbar – es gibt weniger «Food Waste». Der Umweltnutzen der Verpackung ist somit grösser als deren Schaden.
Wegen der bereits sehr fortschrittlichen Müllverwertung in der Schweiz nütze es nichts, «Zero Waste» zu proklamieren. Das steht im Bericht der HSR.
Das Problem ist der Konsum
Wo wir uns umwelttechnisch aber noch massiv verbessern können, ist der Konsum – etwa einer Schale Erdbeeren. Die Produktion der süssen Früchte verursacht viel grösseren Umweltschaden als die Entsorgung der Schale.
Die Produktion verbraucht Wasser und Energie. Herbizide und Pestizide werden eingesetzt. Kommen die Erdbeeren aus dem Ausland, gibt es zusätzliche Emissionen und Energieverbrauch durch den Transport.
Der Müll, der in der Schweiz anfällt, ist also nicht das Hauptproblem. Rainer Bunge, Professor für Umwelttechnik, fasst es so zusammen: «Der Müll, die Abgase, die Abwässer, die wir in den Erzeugerländern hinterlassen, wo wir unsere Produkte kaufen – das ist unser Schandfleck.»