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Richard David Precht: Ohne Pflicht kein Recht!
Aus Sternstunde Philosophie vom 20.06.2021.
Bild: SRF abspielen. Laufzeit 58 Minuten 36 Sekunden.

Precht über Pflicht Philosoph: «Aus asozialen Egoisten entsteht keine Demokratie»

Ohne Pflicht kein Recht, sagt der deutsche Denker Richard David Precht. Und schlägt zwei Jahre «Bürgerdienst» für alle vor.

Die Pflicht hat keinen guten Ruf: Sie klingt nach Müllsortieren und Abwasch. Tatsächlich sind wir aber darauf angewiesen, dass Menschen ihre Pflicht tun – in ihren privaten Beziehungen genauso wie innerhalb unseres Staates. Der Philosoph Richard David Precht möchte uns sogar zur Pflicht verpflichten und einen «Bürgerdienst» einführen.

Zwei Pflichtjahre für alle, schlägt Precht in seinem neusten Buch «Von der Pflicht. Eine Betrachtung» vor: eines am Ende der Schulzeit und eines zu Beginn der Pensionierung. «Es geht mir unter anderem um Selbstwirksamkeit, um die Frage, was ein erfülltes Leben ist», erklärt Precht.

Die Mehrheit der Menschen strebe nicht nach Einsamkeit, Tatenlosigkeit und Lethargie, sondern nach sozialer Verantwortung: «Den antiken Griechen war bewusst, dass der Mensch ein erfülltes Leben nur in der Gemeinschaft führen kann», so Precht.

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Dienstpflicht für alle
Aus SRF News vom 12.06.2019.
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Die Idee ist gut ...

Einen Dienst an der Gemeinschaft zu leisten, können sich viele vorstellen, zum Beispiel als Ergänzung oder anstelle des in der Schweiz obligatorischen Militärdienstes.

Eine Umfrage zeigt, dass ein allgemeiner Bürgerdienst, wie ihn beispielsweise die FDP fordert, auf grosse Zustimmung stösst. Eine Volksinitiative des Vereins «Service Citoyen» ist in Vorbereitung. Auch Viola Amherd, die Vorsteherin des VBS, hegt Sympathien für den allgemeinen Bürgerdienst, wie sie in mehreren Interviews bestätigte.

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Bundesrätin Viola Amherd über die Idee des Bürgerdienst
Aus Rundschau talk vom 17.03.2021.
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... aber die Umsetzung schwierig

Der Bürgerdienst wäre allerdings auch ein Bürgerinnendienst, und diese Inklusion der Frauen ist umstritten. Frauen leisten schon heute den überwiegenden Teil unbezahlter Care-Arbeit und würden bei einem verpflichtenden Bürgerinnendienst noch mehr unbezahlte Arbeit leisten müssen, meinen beispielsweise die Grünen. Dazu kommt die Angst, dass diejenigen, die heute freiwillig einen Dienst an der Gemeinschaft leisteten, diesen im Falle einer Verpflichtung nicht mehr leisten würden.  

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Nicht alle Frauen finden die Idee einer allgemeinen Dienstpflicht gut
aus HeuteMorgen vom 07.07.2016.
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Precht findet diese Abwehrhaltung stossend: «Im Altenheim Geschichten vorzulesen oder in einem Krankenhaus krebskranke Kinder zu bespassen ist doch keine Strafe. Was haben diese Leute denn für ein Weltbild?»

Die Pflichtjahre seien als Bereicherung gedacht: «Ich möchte, dass mehr Menschen diese Selbstverpflichtung zum Dienst an der Gemeinschaft spüren.»

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Roger Schawinski im Gespräch mit Richard David Precht
Aus Schawinski vom 07.01.2019.
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Das würde auch dem ursprünglichen Wortsinn entsprechen: Im Alt- und Mittelhochdeutschen bedeutet «Pflicht» Obhut, Fürsorge und Dienst an der Gemeinschaft. Soziale Teilhabe und Verantwortung zusammen mit grösstmöglicher individueller Freiheit in einem Staat zu ermöglichen, sei seit der schwindenden Bedeutung der Kirche als moralischer Instanz schwierig geworden, sagt Precht. Doch «aus einer Gesellschaft von asozialen Egoisten wird keine funktionierende Demokratie».

Der Philosoph sagt, wir befänden uns in einer Zeit der Umwälzung: «Mit der ersten industriellen Revolution endete die Herrschaft von Adel und Kirche und das bürgerliche Zeitalter und die Leistungsgesellschaft entstand.» Diese Zeit sei jetzt zu Ende: «Der Klimawandel zwingt uns zu einer nachhaltigeren Wirtschaft, die digitale Revolution verändert die Arbeitswelt. Jetzt beginnen die Irrungen und Wirrungen». Und eben auch die Diskussion um das Verhältnis von Recht und Pflicht.  

Sendung: SRF 1, Sternstunde Pihlosophie, 20.6.2021, 11:00 Uhr

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