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Extremismusforscherin Julia Ebner im Gespräch
Aus HeuteMorgen vom 27.09.2019. Bild: Suhrkamp Verlag
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Radikalisierung im Netz Allein unter Extremisten

Wie werden Mensch im Netz radikalisiert? Wie mobilisieren Extremisten ihre Anhänger über soziale Medien? Das hat die Extremismusforscherin Julia Ebner untersucht.

Ebner tauchte zwei Jahre lang unter falscher Identität in den Sumpf radikaler Online-Räume ab und tauschte sich mit Extremisten aus. Über die Forschungsergebnisse einer Furchtlosen.

Julia Ebner

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Julia Ebner, geboren 1991 in Wien, forscht am Institute for Strategic Dialogue in London zu Extremismus im Netz. Zu dem Thema berät sie auch zahlreiche Regierungsorganisationen und Polizeiorgane. In ihrem ersten Buch «Wut» (2017) zeigte sie durch verdeckte Recherchen, wie viele Gemeinsamkeiten rechtsradikale und islamistische Gruppen aufweisen.

SRF: Für die Recherchen zu Ihrem Buch «Radikalisierungsmaschinen» haben Sie sich in verschiedene extremistische Chat-Foren eingeschleust. Wie sind Sie vorgegangen?

Julia Ebner: Am Anfang war es notwendig, Fake-Accounts mit den unterschiedlichsten Identitäten aufzubauen. Das waren islamistische und rechtsextreme Accounts. Ich habe mich aber auch Gruppen angeschlossen, die eher Verschwörungstheoretiker waren. Oder frauenfeindlich.

Buchhinweis

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Julia Ebner: Radikalisierungsmaschinen. Suhrkamp Insel, 2019.

Sie haben sich unter falschem Namen in die Netzwerke von Dschihadisten oder Rechtsextremen eingeschleust. Wie weit sind Sie gegangen?

Natürlich war es notwendig, auch etwas von mir preiszugeben. Gewisse Grenzen wollte ich aber nicht überschreiten. Ich wollte nicht aktiv neue Mitglieder anwerben, oder mich auch nicht aktiv an einer grösseren Kampagne beteiligen.

Gewisse Grenzen wollte ich nicht überschreiten.

Ich bin auch aus Gruppen geflogen, weil ich mich geweigert habe, bei einigen der Kampagnen mitzumachen.

Dschihadisten und Rechtsextremen suchen in Chaträumen neue Anhänger. Was verbindet ihre Vorgehensweise?

Beide suchen in den grossen sozialen Medien den ersten Kontakt. Dann geht es in verschlüsselten Kanälen oder in kleineren Nischen weiter mit einer Art Sozialisierungsprozess.

Wenn wir auf die extreme Rechte fokussieren: Wie läuft da die Radikalisierungsmaschine? Wie rekrutieren Rechte in Online-Netzwerke neue Mitstreiter?

Sie verwenden oft das Wort «Red Pilling» – ein Euphemismus für ihre Radikalisierung. Wer im Film «Matrix» die rote Pille schluckt, sieht die Welt zum ersten Mal mit wahren Augen.

Es gibt ganze Anleitungen und Handbücher dafür, wie man Menschen Schritt für Schritt an diese extremen Ideologien heranführt. Oft setzt der erste Schritt an den spezifischen Ängsten einer Subkultur an oder bei Themen, die für bestimmte Gruppen relevant sind.

Eine der erschreckenden Erkenntnisse aus Ihrem Buch ist, wie leicht zugänglich solche rechtsradikalen Inhalte sind. Ein paar Klicks reichen.

Ja. Und man sieht auch, wie gross der Unterschied zu islamistischen Propaganda-Materialien und islamistischen Gruppen ist. Für die war schon viel früher ein Bewusstsein da – seitens Politik, Sicherheitsbehörden und Tech-Firmen. Viele dieser Propaganda-Elemente werden mittlerweile automatisch entfernt, auch die Gruppen in den Chaträumen.

Das Ziel ist es immer, eine Polarisierung hervorzurufen.

Das findet auf rechtsextremer Seite leider noch nicht in gleichem Ausmass statt – selbst nach den letzten Anschlägen im neuseeländischen Christchurch und auch in den USA.

Die Radikalisierung im Netz kann zu einer Gewalttat anstiften. Aber der Hass im Netz radikalisiert auch die gesamtgesellschaftliche Debatte. Welcher Effekt ist gefährlicher?

Diese schleichende Polarisierung und Spaltung der Gesellschaft, die eigentlich immer Terroranschläge zum Ziel haben, ist auf jeden Fall gefährlicher.

Egal ob wir von dschihadistischen oder rechtsextremen Terroranschlägen sprechen: Das Ziel ist es immer, eine Polarisierung hervorzurufen und Stück für Stück unsere Gesellschaft und unsere demokratischen Strukturen zu durchbrechen, damit neue Machtverhältnisse möglich sind.

Das Gespräch führte Marlen Oehler.

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