Bobo Dioulassou, eine Stadt im Westen von Burkina Faso: Hier steht die Cashew-Fabrik des Schweizer Unternehmens Gebana Afrique. Auf dem Gelände sind Kinderstimmen zu hören.
Sie dringen aus der fabrikeigenen Freiluft-Kinderkrippe. Sie hat ein Dach, aber keine Wände: Die Temperaturen in Bobo Dioulassou schwanken zwischen warm und heiss.
Bis zu 90 Kleinkinder werden hier täglich betreut. «Ca bouge!», sagt Obin Ouattara, die Krippenleiterin.
Cashewnüsse sind eines der wichtigsten Exportgüter von Burkina Faso. Der Löwenanteil wird als Rohstoff nach Vietnam exportiert und dort verarbeitet. Dann werden die Nüsse weiter nach Europa verschifft, wo sie billiger zu kaufen sind, als wenn sie direkt in Burkina Faso verarbeitet würden.
In Vietnam ist die Cashew-Verarbeitungsindustrie stärker automatisiert und daher effizienter. Denn es ist ein grosser Aufwand, aus einer rohen Cashew-Nuss einen geniessbaren Apéro-Snack zu machen.
Gebana Afrique sorgt nun dafür, dass die Verarbeitung der rohen Cashew vor Ort geschieht. «Das schafft Arbeitsplätze. Und mit der lokale Veredelung des Rohstoffes bleibt ein grösserer Teil der Wertschöpfung im Herkunftsland», erklärt die Geschäftsführerin Linda Dörig.
Prämie für den Brunnenbau
Die rohen Cashews bezieht Gebana beispielsweise aus der Ortschaft Taga. Hier arbeitet die Firma mit einer Bauernkooperative zusammen, die von der Fairtrade Labeling Organisation zertifiziert ist.
Die FLO ist die wichtigste Zertifizierungsorganisation weltweit. In der Schweiz sind die Produkte unter dem Max-Havelaar-Label bekannt.
Die Zertifizierung habe gegenüber dem konventionellen Handel zwei Hauptvorteile, erklärt Hermann Ky, der bei Gebana in der Agronomieabteilung arbeitet: «Die Bauern erhalten für ihre Produkte einen fixen Mindestpreis. So sind sie den Preisschwankungen auf dem Weltmarkt nicht schutzlos ausgeliefert. Zusätzlich bekommt die Kooperative eine Prämie, die für gemeinnützige Dinge eingesetzt wird. So werden zum Beispiel Brunnen gebaut.»
Eine langfristige Zusammenarbeit
Bah Amadou ist Mitglied der Kooperative. Der Cashew-Bauer ist ziemlich alt und vielleicht schon ein bisschen weise. Die Frage nach seinem Alter beantwortet er existenziell: «Ich bin mit einem Schritt noch in dieser Welt, beim nächsten bereits in einer anderen Welt.» Ein bisschen profaner ausgedrückt: Er stehe mit einem Fuss im Grab.
Noch aber ist er flott unterwegs. Forschen Schrittes und mit Gehstock schreitet er durch sein Cashew-Feld. Seit der Zusammenarbeit mit Gebana habe sich vieles verbessert: «Sie zeigen mir in Schulungen, wie ich meine Ernte vergrössern kann. Und die Zusammenarbeit ist langfristig. Das gibt mir Planungssicherheit.»
Der Händler bestimmt den Preis
Früher verkaufte Bah Amadou seine Ernte an konventionelle Händler: «Die kümmert einzig ihr eigener Profit. Sie kommen, sagen noch nicht einmal ‹Guten Tag› und kaufen die Nüsse zu ihrem Preis.»
Er habe sich damit zufriedengeben müssen, überhaupt ein bisschen Geld in der Tasche zu haben, sagt Bah Amadou: «Und wir wussten nie, ob sie in der nächsten Saison wieder auftauchen oder wir auf der Ernte sitzen bleiben.»
Was heisst hier fair?
Der so genannte faire Handel will eine Verschiebung der Machtverhältnisse im Welthandel hin zur schwächsten Position, zu den Bauern. Sie werden gestärkt – zumindest ein bisschen.
Denn auch mit Fairtrade bricht kein Wohlstand aus. Letztlich geht es um Minimalstandards, um die Existenzsicherung. «Fair» ist ein höchst relativer Begriff. Besonders, wenn er ein Verhältnis bezeichnet, das in erster Linie von grosser Ungleichheit geprägt ist: Wenn eine Firma aus einem der reichsten Länder der Welt in einem der ärmsten Länder der Welt investiert – macht es dann Sinn, von Fairness zu reden?
Dörig spricht nicht von «fair»
Linda Dörig relativiert denn auch den Begriff, sie finde ihn anmassend: «Wenn wir mit unseren Bauern verhandeln, benutzen wir diesen Ausdruck nicht. Aber wir erklären, was wir anders machen als andere Händler. Dass wir langfristig mit ihnen zusammenarbeiten wollen und dass wir ihre Ernte im Land veredeln und Arbeitsplätze schaffen.»