In der Dorfkirche von Siviriez sitzt Norbert Baudois. Er hat ein Wunder erlebt, vollbracht durch Marguerite Bays.
Das war vor 20 Jahren. Seine damals zweijährige Enkelin Virginie geriet unter einen Traktor. Norbert Baudois musste zusehen, wie der Traktor über das kleine Mädchen fuhr. Es sei schrecklich gewesen, sagt der 88-Jährige. Seine Stimme zittert noch heute, wenn er davon erzählt.
Ein Wunder ist geschehen
Norbert Baudois dachte, seine Enkelin sei tot und er verantwortlich dafür. Doch als er die kleine Virginie aufhob, war sie unverletzt. Norbert Baudois dankte Marguerite Bays dafür.
Marguerite Bays war eine tiefgläubige Schneiderin aus ärmlichen Verhältnissen. Sie selbst wurde vom Krebs geheilt. Nach ihrem Tod im Jahr 1879 soll sie neben der kleinen Virginie noch einen Menschen gerettet haben.
Heiligsprechung durch Papst
Ein erstes vollbrachtes Wunder wurde von Rom bereits als solches anerkannt: Ein Bergsteiger soll einen Sturz überlebt haben, nachdem er Marguerite Bays angerufen hatte. Seine Gefährten starben.
Für diese beiden Wunderheilungen spricht Papst Franziskus die Schneiderin nun heilig.
Zeichen statt Wunder
Auf dem Friedhof vor dem Grab von Marguerite Bays steht Pfarrer Martial Python. Er hat mehrere Bücher über die Heilige geschrieben. Python sagt, er spreche lieber von einem Zeichen als von einem Wunder. Von einem Zeichen für die Menschen, im Alltag in den Glauben einzutauchen.
Marguerite Bays sei sehr fromm gewesen, aber auch eine Frau mit starkem Charakter, sagt Martial Python. Sie habe sich gegen gesellschaftliche Ungerechtigkeiten aufgelehnt. So habe sie zum Beispiel das uneheliche Kind ihres Bruders grossgezogen, als man dieses in ein Heim geben wollte. «Marguerite Bays habe nicht akzeptiert dass man uneheliche Kinder als Frucht der Sünde ansah.»
Wohnort ist Pilgerstätte
Tausende Menschen aus aller Welt pilgern jährlich in den kleinen Ort etwas ausserhalb von Siviriez, zum Haus, in dem die Heilige gelebt hatte.
Hausherrin Fabienne Sauca tritt ins ehemalige Arbeits- und Wohnzimmer. Darin befindet sich ein kleiner Tisch und ein grüner Kachelofen. In der Kammer dahinter hat Marguerite Bay geschlafen.
Jeden Tag kämen Pilger vorbei, sagt Fabienne Sauca. Einzelne Personen, aber auch Gruppen mit 50 oder 60 Menschen aus aller Welt.
Angst habe sie keine, nach der Heiligsprechung von Pilgern überrannt zu werden. Gott wisse schon, was gut und richtig sei.