Jeder Dialekt ist ein wertvoller Kulturschatz. Er ist im Lauf der Geschichte einer Region oder einer Stadt gewachsen und er ist zu einem Teil ihrer Tradition und ihres Wesens geworden – genau so wie bauliche Denkmäler auch.
So ist es auch beim Baseldeutsch, für dessen Erhalt ich Zeit meines nun langen Lebens gekämpft habe. Für dieses Engagement habe ich im April 2014 den «Bebbi-Bryys» der Bürgergemeinde Basel-Stadt erhalten, insbesondere dafür, dass ich das Baseldeutsch vor hochdeutschen Einflüssen und Elementen freizuhalten versuche.
Die wichtigsten Gründe, das Baseldeutsch so zu bewahren, wie es ist, sind folgende.
Deshalb sollen Dialekte bewahrt werden:
Dialekt stiftet Identität
Ein Basler soll in der Sprache seiner Stadt reden, in der er zuhause ist, und das ist Baseldeutsch. Ich bin in einer alten Basler Familie aufgewachsen. Mein Grossvater hat mir ein einwandfreies Baseldeutsch beigebracht und mich mit der Kultur und Tradition dieser Stadt vertraut gemacht. Die Sprache, in der jemand aufwächst, vermittelt Geborgenheit und Heimatgefühle im Ort, in dem diese Sprache gesprochen wird.
Dialekt macht eine Region unverwechselbar
Eine Stadt oder eine Region in der Schweiz wird auch durch ihren Dialekt charakterisiert. Die Stadt Basel grenzt sich sprachlich in vielerlei Hinsicht von ihrem Umland ab. Hier sagt man «Kind», nicht «Chind», oder «alls wie meh», nicht «immer meh». Solche Merkmale heben die Eigenheit der Stadt heraus, genauso, wie typische sprachliche Merkmale den Baselbieter Dialekt oder den Elsässer Dialekt charakterisieren. Heute ist durch die Mobilität der Menschen in der Region Basel eine Vermischung hin zu einem Agglomerationsdialekt zu beobachten.
Der Dialekt bewahrt eine Jahrhunderte alte Kultur
Der Dialekt ist ein zentraler kultureller Aspekt der Schweiz und besonders auch von Basel. Am Dialekt hängt auch ein Teil der Existenz dieses Landes, denn der überlieferte Wortschatz und die überlieferte Redeweise bringt unsere Herkunft und unsere Art und Gattung zum Ausdruck. Basel hat eine reiche Mundartliteratur. Sie begann im 19. Jahrhundert und brachte bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Hochblüte hervor. Mit grossen Dichtern wie Theobald Baerwart, Fritz Liebrich oder «Blasius». Die vielen in- und ausländischen Zuzüger machen sich diese Literatur aber immer weniger zu eigen und bringen sie ihren Kindern nicht mehr bei. Deshalb besteht die Gefahr, dass die alten Baseldeutsch-Dichter von vielen bald nicht mehr verstanden werden.
Es gibt ein richtiges und ein falsches Baseldeutsch
Am Schlimmsten für den Dialekt ist, wenn er schlecht oder falsch gesprochen wird. Deshalb war ich in meiner Zeit als Berufspolitiker immer dagegen, dass im Basler Grossen Rat Dialekt gesprochen wird. Garantiert hätte dann einer gesagt: «Dr Rotschlag des Regierigsrots, dä letschti Wuche publiziert worden isch» statt «Dr Rotschlag vom Regierigsrots, wo letschti Wuche publiziert worden isch». Ich habe jahrelang die Redaktion des Regionaljournals Basel und von TeleBasel sprachlich beraten, ebenso die Theatergruppe «Baseldytschi Bihni». Als ich mit der Beratung aufhören wollte, forderten die Medienleute mich auf: «Mach witter!» Aktive Dialektpflege ist also nicht nur ein Bedürfnis von mir, sondern auch von anderen Baslern.
Dialekte wandeln sich nicht, sie sterben!
Weil ständig Wörter und grammatische Formen aus dem Hochdeutschen in den Dialekt eindringen, verliert der Dialekt schleichend an Substanz. Zum Beispiel passt sich die Adjektivflexion dem Hochdeutschen an: Heute sagen viele in Basel «dr grossi Baum» statt baseldeutsch «dr gross Baum» und «mis Kind» statt «mi Kind». So werden immer mehr hochdeutsche Elemente Teil des Dialekts. Was als Dialektwandel bezeichnet wird, ist in Wahrheit ein Dialektsterben. Englische Wörter gefährden den Dialekt viel weniger als hochdeutsche Wörter, denn sie sind eindeutig als Fremdwörter erkennbar. Und wenn sie sich lange genug halten können, so wie die französischen Lehnwörtern «exgüsee» und «Trottoir», werden sie zum Teil des Dialektes.
«Rächts Baseldytsch» lässt sich leicht lernen
Man sagt immer, die Kinder reden halt ihre eigene Sprache und übernehmen den Dialekt vom Pausenplatz. Das stimmt nicht: Ich habe meine Kinder konsequent zum «rächte Baseldytsch» erzogen. Und heute sprechen sie einwandfreies Baseldeutsch und die Enkel auch. Natürlich ist es eine Gefahr, dass die Bevölkerung der Stadt sich jährlich um fünf Prozent erneuert. Das sind meistens Zuzüger, die nicht Baseldeutsch können. Aber anstatt sich anzupassen und ihnen vom «Sankt Johann» und von der «Sankt Alban-Vorstadt» zu erzählen, kann man ihnen ja die baseldeutschen Ausdrücke «Santihans» und «Dalbe» beibringen. Ich habe das jahrzehntelang gemacht mit meinem Dialektkurs «Rächt schryyben und reeden uf Baseldytsch mit em Carl Miville».