Priscilla Schwendimann ist jung, lesbisch, und die erste Regenbogen-Pfarrerin in Zürich. Die 28-Jährige ist der Meinung, es brauche Seelsorge, zugeschnitten auf die Queer-Community: «Viele Studien zeigen, dass die Suizidrate bei homosexuellen Jugendlichen fünfmal höher ist als bei Hetero-Jugendlichen.»
Sie wolle den Betroffenen zuhören und da sein, etwa bei einem Coming-Out, erklärt die junge Pfarrerin. «Ich möchte ihnen das Versprechen geben, dass Gott auch sie liebt.» Seit Anfang August ist Priscilla Schwendimann im Amt, derzeit feilt sie mit ihrem Team am Konzept.
Die Reformierte Kirche der Stadt Zürich hat das Regenbogen-Pfarramt neu geschaffen. Finanziert ist es vorerst für drei Jahre. Ziel ist, die Queer-Community in Zürich zu erreichen. Auch, weil die grösste Kirchgemeinde der Schweiz mit ihren über 70'000 Mitgliedern schrumpft.
«Zu spät und zu wenig»
Nicht alle in der Kirche finden dieses Amt gut. Da ist eine Handvoll konservativer Pfarrer, die am liebsten keine gleichgeschlechtlichen Paare segnen würden. Das neue Regenbogen-Pfarramt bezeichnen sie hinter hervorgehaltener Hand als «Werbe-Gag».
«Das Regenbogen-Pfarramt kommt zu spät und es ist zu wenig», kritisiert auch die Pfarrerin Gina Schibler. Sie hat selbst jahrelang spezielle Tagungen für Schwule und Lesben mitorganisiert – als Studienleiterin am Evangelischen Tagungs- und Studienzentrum Boldern in Männedorf.
Früher habe es solche Treffpunkte dringend gebraucht, sagt Gina Schibler. Heute sei die Zeit jedoch eine andere. «Die Zeit des kirchlichen Darkrooms ist vorbei. Lesben und Schwule sind in der Mitte der Gesellschaft und Kirche angekommen. Wir sollten sie stolz feiern, in jeder einzelnen Gemeinde», fordert die frisch pensionierte Pfarrerin, die im Zürcher Kirchenparlament für die Liberalen politisiert.
Keine abgesonderten Grüppchen
Eine Kirche, in der alle Platz haben – egal, wen sie lieben. Und keine abgesonderten Grüppchen. Das fordert auch Theologieprofessor Ralph Kunz, er steht dem Projekt beratend zur Seite. «Ich will darauf achten, dass nicht eine Sondergemeinde entsteht, sondern dass der Kontakt zur Volkskirche erhalten bleibt», so Kunz.
Die Ansprüche der Kirche sind das eine, die Bedürfnisse der Queer-Community das andere. Dazwischen steht die junge Pfarrerin. «Ich denke nicht, dass es meine Hauptaufgabe ist, Menschen für die Kirche zu gewinnen. Ich möchte ihnen zusprechen, dass es einen Gott gibt, die sie liebt», sagt sie. Die Gott oder der Gott – frischen Wind in die Zürcher Kirchen bringt die Regenbogen-Pfarrerin allemal.