Die katholische Kirche hat sich in den vergangenen Jahrzehnten für viele dunkle Seiten ihrer langen Geschichte entschuldigt. Für ihr Wegsehen bei der Judenvernichtung etwa, für den Missbrauch ihrer Geistlichen an Minderjährigen und für die gewaltsame Bekehrung anderer Völker.
Aber noch gab es kein «mea culpa» für die Missachtung der Rechte von Menschen, die im päpstlichen Rom als Sklaven lebten.
Nur «heidnische» Sklaven erlaubt
Im antiken Rom gab es massenweise Sklaven. Das ändert sich auch dann nicht, als die christlichen Päpste die Macht übernommen hatten. Auch in ihrem Territorialstaat mit der Hauptstadt Rom lebten viele Unfreie. Doch im Unterschied zur heidnischen Antike durften die Sklaven der Päpste keine Christen sein.
So dienten zahllose «ungläubige» Sklaven im Vatikan, an den Höfen der Kirchenfürsten und als Galeerensklaven in der päpstlichen Marine. Sie wurden auch verschenkt. Waren etwa weibliche und männliche Sklaven besonders attraktiv, schenkten die Päpste sie befreundeten Fürsten in Italien.
Papstsklaven noch um 1840
Die an der Hochschule Rom lehrende Historikerin Marina Caffiero legt nun eine erste wissenschaftliche Studie zum Thema der päpstlichen Sklaverei vor.
In «Die Sklaven des Papstes» hat Caffiero vor allem das 18. und die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts untersucht – eine Epoche, die zum Thema Sklaven in Rom bestens dokumentiert ist.
Das traurigste Resultat ihrer Studie ist der Umstand, dass die Päpste bis in die 1830er- und 1840er-Jahre Sklaven beschäftigen. Das heisst also bis weit nach der Verkündigung der Freiheitsideen der Französischen Revolution, als bereits alle anderen europäischen Staaten die Sklaverei abgeschafft hatten.
Erst das Ende des grossen Territorialstaats der Kirche und die Staatseinigung Italiens Mitte des 19. Jahrhunderts beendeten die Sklaverei der Stellvertreter auf Erden.
Eine Bekehrung brachte keine Befreiung
Marina Caffiero konnte sich für ihrer Recherche des sogenannten «Libro dei Turchi» bedienen, einer minutiösen Aufzeichnung eines römischen Geistlichen aus der Zeit zwischen dem späten 18. und frühen 19. Jh. Dieses Buch gibt exakt Auskunft über alle damals in Rom lebenden Sklaven. Ihre Namen, ihr Alter und ihre Arbeitsstätten.
Die im «Libro dei Turchi» genannten Sklaven des Papststaates hatten sich zum Katholizismus bekehrt in der Hoffnung, auf diese Weise ihre Freiheit zu erlangen. Aber wie Caffiero nachweist, war das nicht der Fall. Auch die Bekehrten blieben Sklaven.
Die Historikerin erzählt eine erschütternde Geschichte, für die der Vatikan und der Papst bis heute kein Schuldeingeständnis ausgesprochen haben. Marina Caffiero zufolge werde dieses für die Amtskirche peinliche Thema bis heute totgeschwiegen.
Dabei, so ihre Forderung, wäre es doch an der Zeit, dass sich der Papst auch zur Sklaverei in seinem eigenen Staat äussern würde.