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Streamingriese kauft Showriese - und nun?
Aus Kultur-Aktualität vom 02.06.2020. Bild: Keystone / Hayoung Jeon
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Spotify kauft Joe Rogans Show Ist das der Anfang vom Ende des freien Podcast-Markts?

Spotify will nicht mehr nur Musik anbieten. Deshalb hat die Plattform unlängst einen Deal mit einem der bekanntesten Podcaster der Welt abgeschlossen. Die Show des US-amerikanischen Comedians Joe Rogan gibt es künftig exklusiv auf Spotify.

Was bedeutet das für die Podcast-Branche? In Zukunft werde sich der Markt wohl ähnlich entwickeln wie beim Videostreaming, prognostiziert SRF-Digitalredaktor Jürg Tschirren.

Jürg Tschirren

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Jürg Tschirren ist Digital-Redaktor bei SRF.

SRF: Will die Musikplattform Spotify ein grosser Player in Sachen Podcasts werden?

Jürg Tschirren: Das ist Spotify bereits jetzt. CEO Daniel Ek hat im letzten Jahr den Investoren gesagt, dass bald ein Fünftel der Spotify-Nutzung nicht mehr musikalische Inhalte sein sollen. Sondern Podcasts.

Seither hat Spotify mehrere Podcast-Netzwerke gekauft – das sind Produktions-Werkstätten, in denen mehrere Podcasts unter einem Dach entstehen. Spotify hat für diese Zukäufe mehr als 600 Millionen Dollar bezahlt. Und für den Deal mit Joe Rogan sollen noch einmal über 100 Millionen Dollar geflossen sein.

Der Deal von Joe Rogan und Spotify

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Legende: Imago Images / Zuma Press

«The Joe Rogan Experience» ist einer der erfolgreichsten Podcasts der Welt. Über 190 Millionen Menschen weltweit hören die Show monatlich, in der sich der US-amerikanische Comedian Joe Rogan mit berühmten Persönlichkeiten wie Elon Musk oder Bernie Sanders unterhält.

Durch Werbeeinnahmen verdient Rogan bereits heute Millionen. Nun hat er einen lukrativen Deal mit Spotify unterzeichnet: Ab diesem Herbst soll seine Show exklusiv nur noch auf der Streaming-Plattform zu hören sein.

Welche Vorteile erhofft sich Spotify vom Geschäft mit Podcasts?

Spotify kann damit u.a. neue Nutzer und Nutzerinnen erschliessen: Menschen, die sich für Musik vielleicht nicht so interessieren, aber eben für Podcasts. Die Show von Joe Rogan hören gemäss seiner Angabe fast 200 Millionen Leute im Monat. Nicht wenige davon werden ihm jetzt zu Spotify folgen.

Lohnt sich das? Spotify kann man ja auch kostenfrei hören.

Für Spotify ist es egal, ob es zahlende Kunden sind oder ob sie Joe Rogan mit einem Gratis-Spotify-Abo folgen. Denn den Kunden des Gratisangebots kann Werbung angezeigt werden.

Im Fall von Spotify ist das personalisierte Werbung, weil der Dienst viele Daten über seine Nutzerinnen und Nutzer sammelt: Zum Beispiel, wer welche Podcasts abonniert hat, wie lange wer was hört oder welche Podcasts nacheinander.

Die Werbeindustrie bezahlt bis zu 50 Dollar pro 1000 Podcast-Hörerinnen und -Hörer.

Dieses Wissen gibt es abseits von Spotify kaum. Wenn man einen Podcast herausgibt, tut man das ein bisschen ins Leere hinaus. Man sieht vielleicht, wie oft er auf einer bestimmten Plattform heruntergeladen wurde. Aber weitere Angaben hat man nicht.

Weil Spotify diese Angaben hat, ist die Plattform für die Werbeindustrie attraktiv. Man hört, dass die Werbeindustrie bis zu 50 Dollar pro 1000 Podcast-Hörerinnen und -Hörer bezahlt, denen sie Werbung zeigen kann. Mit einem Millionenpublikum, wie Joe Rogan es hat, lässt sich so natürlich viel Geld verdienen.

Video
Aus dem Archiv: Audio auf Abruf trifft den Kern der Zeit
Aus 10 vor 10 vom 28.08.2018.
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Im Moment kann man die meisten Podcasts überall im Netz finden und anhören. Wird sich das nun in den kommenden Jahren ändern?

Das ist eine Befürchtung, die viele Leute haben und die in den letzten Monaten auch bestätigt wurde. Wenn Spotify einen Podcast kauft, dann ist der nur noch dort zu hören und in keiner anderen App.

Diesen Vorgang nennt man auch «Silo-Bildung». Inhalte, die früher frei zugänglich waren, finden sich nur noch im «Silo» eines bestimmten Anbieters.

Silo-Bildung kennt man aus dem Videostreaming.

Das kennt man vom Videostreaming: So kann man eine Serie zum Beispiel nur bei Netflix sehen, eine andere wiederum nur bei Amazon oder Disney

Wird sich das auch auf den deutschsprachigen Podcast-Markt auswirken?

Was ich eben beschrieben habe, betrifft fast ausschliesslich den englischsprachigen Markt. Im deutschsprachigen Markt sind Podcasts einfach noch nicht so bekannt, da ist das Business noch nicht so gross und es wird damit nicht so viel Geld verdient.

Aber die Strategie von Spotify, bestimmte Podcasts zu kaufen und nur noch bei sich anzubieten, könnte über kurz oder lang auch im deutschen Sprachraum Einzug halten.

Das Gespräch führte Katharina Brierley.

Podcast gesucht?

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Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktuell, 2.6.20, 17:10 Uhr ; 

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