Landwirtin Vera Obertüfer und Projektkoordinatorin Livia Matthäus arbeiten gemeinsam auf einem Feld zwischen Basel und der Landgemeinde Riehen. Auch wenn die Busstationen in dieser Gegend naturnahe Namen tragen wie «Käferholz», «Drei Linden» und «Bäumlihof»: Die Kulisse ist urban. Das Feld liegt parallel zu einer Autostrasse, und die alles überragenden Türme des Pharma-Riesen Roche sind in Sichtweite.
Gemüse für 100 Haushalte
Der Acker liegt zwischen Stadt und Land, in der Agglomeration. Es gehört zum Bauernhof «Bäumlihof», der dem Kanton Basel-Stadt gehört. Das Feld umfasst rund 80 Aren und ist damit etwas grösser als ein Fussballplatz.
Hier baut der Verein «Plankton» in Kooperation mit einem Landwirt seit 2022 Gemüse an. Mittlerweile versorgt er damit bereits 100 Haushalte in der Nachbarschaft. Ein zweites Feld von 25 Aren bewirtschaftet der Verein in Riehen.
Gegen Food Waste, fürs Plankton
Dass sich der Verein im Namen an die Meeresbiologie anlehnt, ist Programm, sagt Livia Matthäus: «Das sind diese kleinen Lebewesen und Algen im Meer. Sie bilden die Nahrungsgrundlage für die Weltmeere und einen wichtigen Teil des Sauerstoffs in der Atmosphäre.»
Auch das Plankton ist bedroht durch den Klimawandel, vor allem das Phytoplankton. «Wir wollen aufzeigen, dass das, was wir hier machen, auch dort eine Auswirkung hat.» Denn der lokale Gemüseanbau spart weite Transportwege und damit auch CO₂ ein, ausserdem wird die Überproduktion verringert – Massnahmen gegen den Klimawandel.
Wenn wir unsere Städte nachhaltig ernähren wollen, müssen wir uns fragen, wie wir das tun, ohne den Planeten weiter auszubeuten.
Wer Kohl, Kürbis und Karotten von diesem Feld bezieht, schliesst für ein Jahr ein Gemüseabo ab. Dafür gibt es im Sommer jede Woche und im Winter alle zwei Wochen einen Korb mit Gemüse und Salat: klein, mittel oder gross – je nach Haushaltsgrösse. So kann der Verein den Anbau umfangmässig steuern, die Abnahme ist gewährleistet, und Food Waste wird vermieden.
Ab aufs Feld
Mit dem Abo sind zwei Verpflichtungen verbunden: Man ist Mitglied im Verein und arbeitet einen Tag im Jahr ehrenamtlich auf dem Feld. Helferinnen und Helfer zu finden, sei aber kein Problem, sagt Livia Matthäus. Alle Beteiligten würden das Projekt solidarisch mittragen.
Vera Obertüfer erzählt: «Man kommt am Morgen und schaut, was alles zu tun ist. Am Abend sieht man dann so richtig, was alles passiert ist. Zu sehen, wie viel möglich ist, wenn zehn Leute den ganzen Tag über tätig sind – das ist immer wieder erstaunlich und sehr schön.»
Ein nachhaltiges Gesamtkonzept ist gefragt
Ökologie und Biodiversität werden hier grossgeschrieben. Dazu gehört zum Beispiel, auf Monokulturen zu verzichten und den Boden nicht auszulaugen. Auf den beiden Feldern werden rund 45 verschiedene Gemüse angepflanzt. Ökologische Nischen sind eingeplant, etwa Trockensteinmauern, Blühstreifen für Insekten und angesammeltes Totholz, damit verschiedene Tierarten einen Lebensraum bekommen.
Die Landwirtschaft soll in ein ernährungspolitisches Gesamtkonzept eingebettet werden, sagt Projektkoordinatorin Livia Matthäus: «Wenn wir unsere Städte nachhaltig ernähren wollen, müssen wir uns fragen, wie wir das tun, ohne den Planeten weiter auszubeuten, wie wir in Zukunft in Ballungszentren Nahrungsmittel produzieren und konsumieren.»
Ein Basler Pilot-Acker
Neben dem Projektkoordinationsteam sind eine Umweltingenieurin, ein Gemüsegärtner, eine Mitarbeiterin im Gemüsebau und eine Auszubildende dabei, die sich 360 Stellenprozente teilen.
An einem Ort Landwirtschaft zu betreiben, wo der Boden besonders rar und teuer ist, ist die grösste Hürde.
Das Projekt wurde vom Kanton Basel-Stadt in der Aufbauphase mit 350'000 Franken aus dem Swisslos-Fonds unterstützt. Bis 2025 soll der Gemüseanbau selbsttragend werden. Mit der Anschubfinanzierung durch den Kanton ist der Auftrag verbunden, Kennzahlen zu erarbeiten – für ähnliche Initiativen im ökologischen Landbau in der Stadt.
Der Verein soll etwa betriebliche Fragen beantworten wie: Was macht eine ideale Betriebsgrösse aus? Wie viel Zeit muss für die Projektentwicklung einberechnet werden? Wie lang darf der Transportweg für ökologisch angebautes Gemüse sein?
Kartoffeln zwischen Wohnblöcken
An einem Ort Landwirtschaft zu betreiben, wo der Boden besonders rar und teuer ist, das sei die «grösste Hürde», sagt Livia Matthäus. Derzeit suche der Verein noch weiteres Land.
Ein Landschaftsarchitekturbüro habe ausgerechnet, dass es in der Stadt Basel etwa 60 Hektaren ungenutzter Flächen gibt: «Das sind diese Abstandsgrünflächen zwischen Wohnblöcken mit Rasenflächen, die meist nicht genutzt werden, sondern nur dem Abstand zu anderen Gebäuden dienen.»
Ob auf diesen Flächen in Zukunft mehr Kartoffeln und Kürbisse wachsen werden, ist noch offen. Allerdings decken sich die Bemühungen von «Plankton» mit dem Bericht des Bundesrats über die zukünftige Agrarpolitik bis 2050: Die Selbstversorgung des Landes mit pflanzlichen Nahrungsmitteln soll deutlich verbessert werden.