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Video
Videos aus den Achtzigern im Landesmuseum
Aus Tagesschau vom 19.08.2017.
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Die bewegten 80er-Jahre Strassenschlachten, Nacktdemos, Punk – und Video

Als Zürich brennt, läuft die Videokamera. Die Ausstellung im Landesmuseum Zürich zeigt Videos der bewegten Zeit.

In den 70er- und 80er-Jahren war die Videotechnik noch neu und ganz am Anfang. Nur wenige machten von ihr Gebrauch. Umso grösser war ihre Wirkung – vor allem, wenn es um die Dokumentation sozialer Proteste ging.

Video ist das Medium der bewegten Zeit

Ausstellungshinweis

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«Rebel Video – Die Videobewegung der 70er- und 80er-Jahre» im Landesmuseum Zürich.

Auch in der Schweiz entdeckte die junge Generation damals die Videotechnik und dokumentierte die Jugendunruhen in den 1980er-Jahren aus ihrer Perspektive.

Wie wichtig das Medium Video damals für die Bewegung selber war, das zeigt nun die Ausstellung «Rebel Video» im Landesmuseum Zürich.

Das Video zum Lebensgefühl der Bewegung ist «Züri brännt» von 1981: Jugendunruhen mit Strassenschlachten, Nacktdemos, Punkmusik und die gelebte Autonomie. Auszüge sind in der Ausstellung «Rebel Video» im Landesmuseum Zürich zu sehen.

Video als Exportschlager

Für Kurator Heinz Nigg ist dieser Film ein sehr gutes Beispiel, welche Bedeutung und Strahlkraft die Bewegung dank der Videotechnik erlangt hat: «Der Film ‹Züri brännt› hat alle Grenzen überschritten. Es gab ihn auf Englisch, Französisch, Italinisch. ‹Züri brännt› ist eines der wenigen Exportprodukte im Bereich ‹kulturelle Bewegung›, mit dem die Schweiz einen interessanten Akzent gesetzt hat.»

Menschen demonstrieren mit Transparent, auf dem steht:«Opernhaus raus aus der roten Fabrik»
Legende: Millionen für's Opernhaus und nichts für die «rote Fabrik» war die Ungleichung jener Tage. Keystone

Thomas Krempke, Aktivist im Videoladen und Mitautor von «Züri brännt», beschreibt das Lebensgefühl jener Tage so: «Man rannte herum, von einem Ereignis zum nächsten, ohne Atem zu holen. (…) Am Anfang war es gefährlich, weil man nicht überall akzeptiert war und für einen Spitzel gehalten wurde. Und dann wurde es gefährlich, weil man von der Polizei angegriffen wurde. Man hat gefilmt und hatte auf einmal Tränengas im Gesicht.»

Dass die Videos aus jenen Tagen nicht nur erhalten, sondern auch restauriert sind, ist Kurator Heinz Nigg zu verdanken. Er hat 100 Videos jener Tage für das Schweizerische Sozialarchiv gesammelt und aufbereitet.

Breites Spektrum

Sendungen zum Thema

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Legende: Keystone

Aber nicht jedes Video war politisch. Auch das zeigt die Ausstellung. Das Spektrum war breit, sehr breit.

Es gab nebeneinander Agitprop- und Kunstvideos wie etwa Samirs avantgardistischer Videocomic «Morlove». In Basel dokumentierte die Videogenossenschaft die Räumung des AJZ, des Autonomen Jugendzentrums Basel.

Die Ausstellung zeigt die Innenperspektive dieser sozialen Bewegungen. Das macht diese Videos so einzigartig. Sei es als Kunstform oder als politische Videos.

Plötzlich konnten die Akteure selber mit dem neuen audiovisuellen Medium ihren Alltag festhalten. Und mit dem nachträglichen Vorführen der Dokumentationen und Kunstfilme bekamen die damaligen Ereignisse eine völlig neue Dringlichkeit.

Dokumente urbaner Bewegungen

Mit der Demokratisierung der Videotechnik ging eine Demokratisierung der Bürger-Rechte einher. Aus diesem Grund ist es für Kurator Heinz Nigg umso wichtiger, diese Filme heute wieder anzuschauen: «Wenn wir nur das Gegenwartsbild unserer Stadt vor uns haben, dann verstehen wir nicht, woher wir kommen. Das sind urbane Bewegungen, die dokumentiert wurden. Sie helfen uns, zu verstehen, wer wir sind.»

Die Ausstellung «Rebel Video» im Zürcher Landesmuseum zeigt in liebevoll und aufwändig kuratierter Manier die Vielfalt des Schaffens der Videobegeisterten aus den 70er- und 80er-Jahren. Eindrückliche Zeitdokumente allesamt.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur aktuell, 22.8.2017, 16.50 Uhr

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