Salma Shahbal ist Schülerin an einer Pflegefachschule im tansanischen Städtchen Ifakara – und sie ist eine Hoffnungsträgerin für ihr Land. Dafür würde allein schon genügen, dass sie Krankenschwester werden will. Denn in Tansania herrscht ein gravierender Mangel an Gesundheitspersonal. «Das ist einer der beiden Gründe für meine Berufswahl», sagt Salma Shabal. Der andere: «Schon als junges Mädchen hat mich meine Mutter inspiriert. Sie arbeitete als Krankenschwester.»
3 Ärzte für 100'000 Tansanier
Es gibt nicht viele Länder, in denen der Mangel an Pflegerinnen und Pflegern, aber auch an Ärztinnen und Ärzten so gross ist. Auf 100'000 Tansanier kommen 3 Ärzte. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt mindestens 10, in der Schweiz sind es 400.
Tansania bräuchte mindestens doppelt so viel Gesundheitspersonal, sagt Salma Shabal, und in abgelegenen Gebieten deutlich mehr: «Die Leute fürchten die Schwierigkeiten auf dem Land.» Dort ist die Infrastruktur schlecht. Oft gibt es sogar Probleme mit dem Trinkwasser und keinen Strom. «Da fragen sich viele: Wie soll ich auf dem Land leben können?», so Shabal.
Mangel an Wasser und Personal
Salma Shabal aber kann sich gut vorstellen, nach ihrer Ausbildung auch in einer der Tausenden Krankenstationen in den Dörfern Dienst zu tun – so wie ihre Mutter. Manche dieser Stationen haben kein fliessend Wasser und nur eine rudimentäre Einrichtung. Oftmals fehlen gewöhnliche Medikamente wie Schmerzmittel. Trotzdem: «Ich kann überall arbeiten, wir müssen doch den Menschen helfen.»
Tansanische Experten sprechen von einem Braindrain vom Land in die Stadt – also einer Abwanderung von Arbeitskräften. Er verschärft den Personalmangel, der bereits in den 1990er-Jahren seinen Anfang nahm. Damals verhängte die Regierung einen Einstellungsstopp, um im öffentlichen Dienst zu sparen. Sparen war nötig, damit die Weltbank neue Kredite gewährte. Gleichzeitig wuchs die Bevölkerung des Landes rasant.
Eine Zumutung für das Personal und die Kranken
«Die Folgen sind gravierend», sagt der Pflegefachausbilder Duurt Huisman. Er arbeitet bei der Schweizer Entwicklungsorganisation Solidarmed. Sie hilft der Pflegefachschule Edgar Maranta in Ifakara, die Ausbildung zu verbessern. Huisman sagt: «Es kommt zum Beispiel in der medizinischen Abteilung im Spital von Ifakara regelmässig vor, dass die Oberschwester ihre Station allein betreuen muss.» Habe sie Glück, müsse sie sich um 10 Patienten kümmern, es könnten aber auch 20 sein. «Und dabei handelt es sich um Schwerkranke. Das ist unmöglich.»
Zu all dem kämen grosse Mängel in der Pflege, sagt Duurt Huisman. Ein Beispiel: Zu viele Patienten bekämen Druckgeschwüre, weil niemand sie im Bett drehe, wenn sie das nicht selber tun könnten.
Scheinbar Grundlegendes lernen
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Salma Shabal und ihre Mitschüler und Mitschülerinnen lernen nun, wie sie besser mit solchen und anderen Situationen umgehen können. Vieles davon erscheint grundlegend – trotzdem ist es oftmals auch für das altgediente Personal im St. Francis Hospital von Ifakara neu. Dort arbeiten die Auszubildenden im Rahmen ihres Kurses immer wieder.
Salma Shabal erzählt von einer kleinen Revolution, die sie im Spital eingeführt haben: «Wir haben im Kurs gelernt, dass man jeden Patienten täglich wäscht, wenn er das nicht selbst kann.» Aber im Spital wurde das bisher nicht gemacht. «Wir tun das jetzt – und es ist wunderbar. Die Patienten sind so froh darüber und sogar die Oberschwestern loben uns dafür.»
Obwohl die Oberschwestern die Schüler für die Neuerung gelobt haben – übernommen haben sie die Praxis nicht. Wenn Salma Shabal dereinst in einer Krankenstation irgendwo in Tansania arbeiten wird, wird sie es anders machen.