Stellen Sie sich vor, Sie sitzen demnächst mit ihrem Lieblingsbüsi beim Milch- und Kaffeekränzchen und plaudern über den neuesten Mäusefang. Klingt erst einmal fantastisch. Doch genau das versucht der renommierte Tech-Entwickler Aza Raskin zurzeit möglich zu machen.
Mithilfe künstlicher Intelligenz plant er, die nicht-menschliche Kommunikation, also die Tiersprache, zu entschlüsseln. Raskin spricht bereits davon, dass Tiersendungen im Fernsehen künftig untertitelt werden könnten und Wale Warnrufe an Schiffe senden. Zoos würden hingegen abgeschafft.
Vielversprechender Delfin-Versuch
Doch wie kommt Raskin überhaupt auf die Idee, dass sich die Kommunikation zwischen Tieren irgendwie entschlüsseln liesse? Ein Experiment mit Delfinen aus dem Jahr 1994 brachte erstaunliche Ergebnisse.
Das Team um den renommierten Delfinforscher Lou Herman versuchte damals, mit den Tieren in Zeichensprachen zu interagieren. Für einen Test signalisierten die Forscher zwei Delfinen: «Macht gemeinsam etwas, das ihr noch nie gezeigt habt.»
Die Delfine tauchten unter, verständigten sich durch Zirpen und führten dann gemeinsam tatsächlich einen neuen Trick vor. Offensichtlich hatte irgendeine Form von Kommunikation stattgefunden.
Eine Galaxie aus Wörtern
2017 fanden Forschende nun mithilfe von Künstlicher Intelligenz heraus, dass die Sprache wie ein geometrischer Raum funktioniert. Im Prinzip müsse man sich Sprache als eine Art Galaxie vorstellen. Die Wörter seien dabei die Sterne.
Nimmt man einen beliebigen Begriff wie «Hund», so steht dieser in Beziehung zu vielen anderen Begriffen, zum Beispiel zu «hundeartig». Die Distanz zwischen diesen beiden Begriffen ist wiederum vergleichbar mit der Distanz zwischen den Begriffen «Katze» und «katzenartig».
Aus dieser Distanz-Theorie ergibt sich ein Galaxie-Raum-Modell. Dieses sei sehr ähnlich, egal ob man Finnisch, Chinesisch oder Schweizerdeutsch spreche. Aza Raskin vermutet daher, dass es auch Überschneidungen mit Tiersprachmodellen geben könnte.
Die KI macht’s möglich
Die KI wird mit Millionen von Tierlauten aus aller Welt gefüttert und kann herausfinden, zu welchem Zeitpunkt relevante Laute zu hören sind. Hintergrundgeräusche kann die KI dabei einfach ausfiltern.
Das sogenannte «Cocktailparty-Problem» haben Raskin und sein Team mithilfe von KI bereits gelöst: In einer Horde von Affen ist es unabdingbar zu wissen, welches Tier einen Laut geäussert hat, um es in einen Kontext von Umgebung und Verhalten zu setzen. Die KI kann genau bestimmen, welcher Laut von welchem Tier stammt.
Mehr Tierschutz durch Verständnis
Raskin geht davon aus, dass der Mensch mehr Empathie für Tiere empfinden wird, wenn er sie nur besser versteht – und sie dann entsprechend besser schützt.
Daran könnte etwas dran sein: 1966 entdeckte ein Tontechniker der US-Navy zufällig Walgesänge, die beeindruckende Ähnlichkeiten zu menschlicher Musik aufwiesen. Aus dem Material entstand 1971 eine CD mit Walgesängen, die sich millionenfach verkaufte. Sie wurde sogar vor der UNO-Generalversammlung gespielt.
1985 wurde der kommerzielle Walfang international endgültig verboten. Der Mensch hatte Mitgefühl mit einem Wesen, das singen kann, also kommuniziert.