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Über 1000 Bewerbungen für die Stelle als Leuchtturmwärter auf Nordseeinsel
Aus Kultur-Aktualität vom 07.03.2024. Bild: Imago Images / Chromorange
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Traumjob Leuchtturmwärter Deutsche Insel schreibt Stelle aus – von Bewerberflut erfasst

Wangerooge sucht einen Leuchtturmwärter – und kann sich vor Bewerbungen kaum retten. Wenn das nur kein Missverständnis ist.

Über 1000 Menschen, so haben selbst seriöse deutsche Medien gemeldet, sollen leuchtende Augen gekriegt haben, als sie von diese Stellenanzeige Wind bekamen: «Gesucht: Leuchtturmwärter (100 Prozent) auf Waangerooge» – dem winzigen Nordsee-Eiland im halbfernen Friesland. Mussten viele wohl auch erst «googlemapsen», bevor sie ihre Bewerbung abschickten. Betreff: «Krieg' ich gewuppt!»

Leuchtturmwärter, der: Das klingt auch nicht gegendert nach dem rustikal-romantischen Ideal-Idyll für den inneren Fernweh-Menschen in uns, den wir doch fast alle gerne dauerhafter an der frischen Luft wüssten. Brise statt Büro! Ein hübscher Hochsitz mit Nordseeblick statt immer nur in dieses Windows vor den müden Augen und den Bildschirmschoner vom letzten Kurztrip auf die Kapverden. Oder war es Capri?!

Nur keine Höhenangst

Es liegt auch sonst auf der Hand, warum diese Leuchtturmwärterstelle eine starke Strahlkraft hat. Kann jeder und jede! Für sowas braucht es nicht einmal einen Fachhochschulabschluss in einer dieser Neo-Disziplinen, die sich kein vernünftiger Mensch mehr merken kann. Es reicht schon, wenn man keine Höhenangst hat.

Leichtturm in grüner Graslandschaft an der Nordsee.
Legende: Hier arbeiten – ist das nicht die Höhe? Der 39 Meter hohe, denkmalgeschützte Alte Leuchtturm ist eines der Wahrzeichen der Nordseeinsel Wangerooge. Imago Images / Nordphoto

Womit ich als Kandidat nicht infrage käme. Mir fällt beim Stichwort «Leuchtturm» ohnehin nur ein Cartoon ein, den ich leider nicht mehr finde. Quicke Skizze aus der Erinnerung: Da liegt eine Riesen-Glühbirne am Strand einer Insel – vergleichsweise mickrige Menschen sind gerade dabei, eine neue vom selben XXL-Typ vom Ruderboot zu hieven: Fragt einer der Mechaniker den Leuchtturmwärter: «Ist die sicher kaputt? Haben Sie den Schütteltest gemacht?»

Zeit? Moment mal!

Der Witz an Wangerooge scheint nun nicht, dass man hier in Ruhe einen Roman schreiben könnte. Dass man Zeit, viel Zeit fände für die Lektüre der «Recherche du temps perdu» oder sich einfach verlieren könnte in einem natürlichen Nichtstun.

Bewerbungen aus ganze Europa

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«Das ist wirklich verrückt», sagte die Allgemeine Vertreterin des Bürgermeisters auf Wangerooge der Deutschen Presse-Agentur angesichts der rund 1100 Bewerbungen auf die Stelle als Leuchtturmwärter oder -wärterin.

Bewerbungen kamen aus ganz Deutschland und auch aus dem europäischen Ausland, etwa aus Polen und Tschechien, schreibt die «Frankfurter Allgemeine Zeitung».

Die Bewerber müssen sich gedulden: Nur gerade eine Person kümmert sich im Rathaus der rund 1200 Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Urlaubsinsel um das Personal.

Trotzdem: Die Inselgemeinde will allen Bewerberinnen und Bewerbern antworten. Der ursprünglich geplante Stellenbeginn auf Mai wird sie jedenfalls nicht einhalten können.

Endlich, so wird man sich ja vom berühmten Schiff aus ausmalen, könnte man sich einen waschechten Wildkräutergarten anlegen und auch sonst Gutes tun, so rein beruflich: in Seenot Geratene an Land lotsen namentlich – und nach getaner Arbeit ironisch gebrochen «Der Untergang» gucken oder zur Abwechslung den Evergreen «Titanic».

Top-Task: Ticketverkauf

Der Riesen-Run auf die Stelle auf Wangerooge – die lokale Behörde gab sich so überrascht wie überfordert – erklärt sich, wenn man das Kleingedruckte liest.

Vergessen Sie bitte die Ängste, die sich mit diesem Beruf auch verbinden: die 1A-Einsamkeit, den womöglichen Wahnsinn, der da an jeder Ecke lauert, wenn es winters wieder wochenweise kein Mensch an Ihren, pardon, hübschen Arsch der Welt schafft, in den Sie sich dummerweise im Frühling verliebt haben.

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Nik Hartmann wird Leuchtturmwärter
Aus Glanz & Gloria vom 12.08.2019.
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Die Sache ist: Der alte Leuchtturm ist seit 1969 nicht mehr in Betrieb. Er wird, so heisst es, nur noch «touristisch genutzt». Laut Jobbeschreibung zählen zu den Top-Tasks dieses mutmasslichen Traumjobs der Verkauf von Tickets, Souvenir-Artikeln und vermutlich so rasend Reizendes wie Rasenmähen. Me-Time wird man gar nicht so viel haben. Dafür rüstige Rentner am Hals, die in ihren Sandalen nach dem Seniorenrabatt fragen.

Was alles nicht heisst, dass man nicht mehr hoch hinaus kann, wenn man das denn unbedingt will. Der Leuchtturm misst stolze 39 Meter.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Nachrichten, 7.3.2024, 17:30 Uhr.

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