Sie ist eine Geisterfahrerin gegen den Zeitgeist. Lisa Eckhart liebt die Hochkultur, möchte gesiezt werden und bezeichnet das Binnen-I als «orthografischen Umschnalldildo». Mit nur 30 Jahren schafft es die Österreicherin, mithilfe einer elitären, unnahbar wirkenden Bühnenfigur, zu einer der erfolgreichsten und umstrittensten Kabarettistinnen im deutschsprachigen Raum zu werden.
Ihr Kabarett sieht die Österreicherin als «sadomasochistische Sitzung», in der sie Peitschenhiebe nach rechts, links und unten verteilt. Nur über ihr sei nichts mehr – ausser Humor und Kunst. Diese Haltung bringt Eckhart immer wieder Kritik und Rassismus-, Sexismus- und Antisemitismusvorwürfe ein. Gespräch mit einer, die das Spiel mit dem Bösen und dem Tabu liebt.
SRF: Ihre Masterarbeit haben Sie zur Figur des Teufels in der Literatur geschrieben. Der Teufel hat Humor. Warum?
Lisa Eckhart: Weil ihn die Hoffnungslosigkeit treibt. Er ist ja ein armer Teufel, auch bei Goethes «Faust» etwa. Er kann im Grossen nichts verrichten und stellt's darum im Kleinen an. Das war auch immer mein Credo.
Ich bin wie der Teufel: ein Menschenfreund, der es nicht zugeben will.
Diese Einsicht der eigenen Ohnmacht macht lustig. Letztendlich verdammt der Grössenwahn eines Fausts ihn zu einer unlustigen Figur. Dem Teufel wohnt der Sprachwitz inne. Ein Streben ist ja an sich nicht schlecht, aber bei einem verrannten Streben geht irgendwann auf dem Weg der Humor verloren.
Ist der Teufel eher ein Menschenfreund oder ein Menschenfeind?
Ich würde ihn so einschätzen wie mich. Er ist ein Menschenfreund, der es aber nicht zugeben will. Er stellt ja immer, obgleich er das Böse will, immer das Gute an. Insofern ist er wohl eher der Philanthrop als die schönen Seelen, die stets das Gute wollen und, wie wir wissen, stets das Böse schaffen.
Bei Ihnen spürt man Arroganz, eine Geste von oben herab. Wenn man in die Humortheorie zurückgeht, ist dieses «von oben herab» bei Platon und bei Hobbes das Gefühl der plötzlichen Überlegenheit. Lachen wir deswegen?
Darum geht es. Deswegen bin ich immer so verwirrt, wenn man mir den Vorwurf macht, dass ich nicht nach oben trete. Ich blicke auf der Bühne empor und da ist nichts. Nichts steht in diesem Moment über mir – ausser der Kunst und dem Humor.
Humor ist Hybris in Reinform. Darum geht es. Man wird immer fragen: «Worüber lachst du?». Niemand wird je unter etwas lachen. Es heisst: «Worunter leidest du?». Das ist ja gerade das Gebot der Stunde. Nur Humor kann nicht leiden, was nicht heisst, dass er die Verzweiflung nicht kennt. Wir lachen ja nicht umsonst Tränen.
Sie haben ein Kind. Was war bei ihm das erste humoristische Lachen?
Es war die Überraschung. Ich fand es sehr interessant zu sehen, dass gewisse humoristische Kategorien angelegt sein müssen.
Er hat über Dinge gelacht, bei denen ich nicht verstanden habe, wie er das ohne satirische Vorbildung verstehen kann. Wenn ich Grimassen schneide, beispielsweise – ich könnte ja auch einen Herzinfarkt haben und es wäre wahnsinnig sadistisch von ihm, zu lachen.
Aber er versteht sofort, was Humor und was Ernst ist. Eine Fähigkeit, die mein ein paar Monate altes Kind beherrscht, aber viele Zeitgenossen nicht mehr.
Das Gespräch führte Yves Bossart.