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Vermögensverteilung Die Welt wird reicher – aber reicht's für alle?

Von den «Superreichen» ist immer wieder die Rede. Andere kommen knapp über die Runden. Wie gross ist die Ungleichheit tatsächlich? Hier sind Zahlen, die Klartext reden.

Die beste Nachricht zuerst: Die Zahl der extrem Armen auf der Welt ist deutlich geschrumpft.

1990 lebten noch 1.9 Milliarden Menschen von weniger als 1.90 US-Dollar pro Tag (36 Prozent der Weltbevölkerung). 2015 waren es noch 730 Millionen (9.9 Prozent der Weltbevölkerung) . Am stärksten sank die Armut in Süd- und Ostasien und im pazifischen Raum. Dagegen wuchs sie im Afrika südlich der Sahara.

Einen viel längeren Zeitraum untersuchten François Bourguignon und Christian Morrison : Der Anteil der Armen sank von 94 Prozent im Jahr 1820 auf 52 Prozent der Weltbevölkerung im Jahr 1992.

Weltweite Einkommenssteigerung

Auch die tiefen Einkommensschichten haben seit 1980 global zugelegt – am stärksten die ärmsten 60 Prozent: Ihr Einkommen nahm bis 2016 prozentual zwei- bis dreimal so stark zu wie das der reichsten 40 Prozent.

Diese Sicht verzerre jedoch die Realität, schreibt der Anthropologe Jason Hickel : Zwar hätten die Armen der 10. bis 20. Einkommensperzentile in diesem Zeitraum um 82 Prozent zugelegt, was aber einen Tageslohn von 2.40 US-Dollar nur auf 4.36 US-Dollar angehoben habe.

Das Einkommen des reichsten Prozents sei sogar um 86 Prozent gewachsen – in absoluten Zahlen um 124'897 US-Dollar.

Globalisierung vs. Neoliberalismus

Wer die Einkommenssteigerung für alle betont, führt sie auf Wohlstandsgewinne durch die Globalisierung zurück. Wer die ungleiche Verteilung dieses Zuwachses hervorhebt, sieht den Neoliberalismus am Werk und das Einkommen, das nicht durch Arbeit, sondern durch Kapitalgewinne erzielt wird.

Im Jahr 2019 besassen 0.9 Prozent der Weltbevölkerung 43.9 Prozent allen Vermögens, 56.6 Prozent jedoch nur über 1.8 Prozent des Reichtums. Die 42 Reichsten besitzen gleich viel wie die 3.7 Milliarden Menschen der ärmeren Hälfte zusammen, fasste die britische NGO Oxfam zusammen .

Einkommen in der Schweiz

In der Schweiz ist die Lage ausgeglichener – beim Einkommen. Es sei hier deutlich egalitärer verteilt als im EU-15-Durchschnitt, schreiben Reto Föllmi und Isabel Martínez . Die Topeinkommen erhöhten sich weniger als in den Nachbarländern.

Die Einkommensungleichheit steige, weil die hohen Löhne und die Teilzeitarbeit stark zunähmen, stellten Ursina Kuhn und Christian Suter fest . Zwischen 1994 und 2012 seien die tiefen und mittleren Reallöhne im Schnitt um 18 Prozent angestiegen, der Verdienst der zehn Prozent der höchsten Einkommensklassen hingegen um 41 Prozent.

Laut dem Bund (2017) sind zudem 8.2 Prozent der Bevölkerung, also 675'000 Personen, von Einkommensarmut betroffen sind.

Vermögen in der Schweiz

Die Vermögenskonzentration in der Schweiz sei im internationalen Vergleich «sehr hoch» und dauerhaft, halten Reto Föllmi und Isabel Martínez fest.

Die Eidgenössische Steuerverwaltung schrieb 2019 in diesem Zusammenhang: «Die Ungleichheit zwischen den Reichen und dem Rest der Bevölkerung vertieft sich.»

Schweizweit besassen 24.5 Prozent der Bevölkerung kein Vermögen, 55.5 Prozent eines von 1 bis 50'000 Franken. Diese tiefen Vermögen zusammen machen 1.5 Prozent des Gesamtreichtums aus. Dagegen vereinen sich 30.3 Prozent des Gesamtvermögens auf Personen, die über 10 Millionen Franken besitzen.

Gründe für die Ungleichheit

Der Soziologe Robert Fluder sieht mehrere Gründe für diese ungleiche Verteilung: Weil das Land nicht direkt in die Weltkriege verwickelt war, blieben grosse Vermögen erhalten.

Die Immobilienpreise steigen stark. Weil die Eigentumsquote für Liegenschaften tief ist, schlägt sich der Wertzuwachs in den Vermögen der relativ wenigen Hausbesitzer nieder.

Der Steuerwettbewerb zieht reiche Einwanderer an. Die Summe der Erbschaften steigt enorm, kommt aber grösstenteils Menschen zugute, die bereits Geld haben.

Mögliche Massnahmen

Wie viel Ungleichheit in der Schweiz sein darf, ist nicht nur eine ethische, sondern auch eine politische Frage. Die politischen Lager kommen dabei zu unterschiedlichen Urteilen.

Massnahmen gegen die Ungleichheit könnten im Steuerrecht liegen – Erbschaftssteuer, ein höherer Satz der Vermögenssteuer, eine Besteuerung von Einkünften aus Kapitalgewinnen, Individualbesteuerung.

Ein anderer Ansatz führt über die Bildung: Gut Ausgebildete haben auf dem Arbeitsmarkt und somit in Sachen Lohn bessere Karten. Auch ein längerer Elternurlaub würde die Chancen aller verbessern, am Arbeitsmarkt teilzunehmen.

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