Und wieder wendet sich der Bundespräsident an die Nation, die Parteichefin an ihre Parteiangehörigen und das Vereinspräsidium ans versammelte Aussenquartier. Die meisten Reden, die am 1. August gehalten werden, klingen ähnlich – doch welche bleiben hängen?
Wir haben fünf Beispiele zusammengetragen, die über ihren jeweiligen 1. August hinaus in Erinnerung geblieben sind.
Die Zeitlose: Adolf Ogi träumt
Der damalige Bundespräsident Adolf Ogi (SVP) wendet sich am 1. August 2000 an seine Mitbürgerinnen und Mitbürger. Nach den traditionell wichtigen Schlagworten («Heimat», «Stolz», «Demokratie» und «Dankbarkeit») wagt sich Ogi ans Träumen.
Die Träume, die er im Jahr 2000 für die Schweiz formuliert, haben nichts an Aktualität verloren. Viele davon treiben uns politisch noch immer um: Ogi wünscht sich «Eine Schweiz, die nicht überall im Abseits steht, die nicht nur mit dem Geldbeutel solidarisch ist, und die im Konzept der Nationen mitredet und mitentscheidet.»
Die Mutige: Ein abgewiesener Asylbewerber redet Klartext
Die bürgerlich regierte Berner Gemeinde Meikirch geht am 1. August 1995 ein Wagnis ein: Der Gemeindepräsident hält die Rede zum Nationalfeiertag nicht selbst, sondern bittet den abgewiesenen Asylbewerber Ramsay Sungur ans Rednerpult.
Sungur äussert Ängste über die Zukunft seiner Kinder, die besser Berndeutsch als Türkisch sprächen und in der Türkei keine Chance hätten. Er mahnt: «Dieses Land gehört euch. Ihr baut die Zukunft auf, ihr seid die Zukunft. Ihr müsst euch besser auf die Zukunft vorbereiten, damit diese Welt friedlicher und demokratischer wird.»
Die Sportliche: Leichtathletin Anita Weyermann
Bei den Weltmeisterschaften in Athen gewann Anita Weyermann 1997 Bronze über 1500 Meter. 2012 hält die ehemalige Langstreckenläuferin in ihrem Heimatort Mülligen AG die Rede zum 1. August.
Selbstverständlich darf ihr berühmtes Motto «Gring abe u seckle» dabei nicht fehlen. Weyermann spendet Zuversicht: «U wenns mau nid eifach isch, dänket draa: Dir sit Schwiizer. U ou Schwiizer chöi e herte Gring haa für sech düre z setze!»
Die Absurde: Timmi Timmermanns Aufzählung
Hört man nur auf die Melodie und den Rhythmus seiner Stimme, könnte man die Rede des «Gemeindepräsidenten Walter Bläsi» glatt für eine konventionelle Ansprache zum Nationalfeiertag halten. Inhaltlich jedoch beschränkt sich der Künstler Timmi Timmermann, wie er vermutlich behaupten würde, auf das Allerwesentlichste.
Die Parodie: César Keiser kämpft mit dem Schlips
Fast schon ein Klassiker ist die Parodie der Schweizer Comedylegende César Keiser aus dem Jahr 1978. Zunächst kämpft der arme Redner mit den Floskeln: Heisst es jetzt «ohne Preis kein Fleiss» oder umgekehrt? Dann mit der Fliege, die einfach nicht richtig sitzen will: «Warum häts au miesse e reinsiidigi sii?»
Und schliesslich kommt alles durcheinander: Worte, die eigentlich an die Gattin im Hintergrund gerichtet wären, landen in der Rede. Und statt «Flöten, die in St. Gallen blasen», geht es plötzlich um Gallenblasen in St. Flöten. Ein wahres Minenfeld, diese simple Ansprache.