Frauen kennen das: Wenn die Hitze schier unerträglich wird, ist das Lüftchen unter einem Rock ein wahrer Segen. Für Männer ist es komplizierter. Der Rock passt nicht in ihr Rollenbild. So werde es wohl noch lange bleiben, ahnt der Stilexperte Jeroen van Rooijen.
Dieser heissen Tage wichen trotzdem mancherorts Männer und Schulbuben auf Röcke aus. Das irritierte und belustigte, erntete aber vor allem viel Anerkennung: Ihre Aktion bewirkte Zugeständnisse von Arbeitgebern und Schulleitungen.
Trotz Hitze über Schatten springen
Hut ab vor den Herren in Röcken. Für diese Aktion mussten sie über einen grossen männlichen Schatten springen. Denn seien wir ehrlich: Westliche Männer in Röcken sind 2017 immer noch ein Kuriosum.
Vage erinnert man sich vielleicht, wie in den 1990er-Jahren sogar der Moderiese H&M Männerröcke feilbot. «Das war ein kurzer Versuch», erinnert sich der Stilexperte Jeroen van Rooijen an jene Zeit zurück.
Heute sieht man kaum noch Männerröcke. Dies, obwohl auf zeitgenössischen Laufstegen weiss Gott verrücktere Kreationen zu sehen sind. Diesen Widerspruch erklärt van Rooijen so: «Männermode entwickelt sich unglaublich langsam. Laufsteg-Trends zum Trotz.»
Baumstammwerfen ist männlich
Es gibt jedoch einen Männerrock, denn man in Europa häufig abseits der Modeschauen trifft: der Schottenrock. Das überrascht den Stilexperten nicht: «Das hat mit Tradition zu tun. Der Schottenrock hat mehrere Jahrhunderte auf dem Buckel. Er strahlt eine robuste Männlichkeit aus.»
Kein Wunder. Mit Schottenrock assoziieren gerade Festlandeuropäerinnen und -europäer bärtige Männer, die in den Highlands Baumstämme werfen. Der Stilexperte hat jedoch eine subtilere Erklärung: «Die Wolle und die Karos unterstützen die männliche Ausstrahlung. Vom Schnitt her ist der Schottenrock praktisch. Er hat eine gute Länge und die Falten gewähren Bewegungsfreiheit.»
Hoffnung für den Männerrock?
Tendenziell würden Männer wohl eher zu praktischen Kleidungsstücken greifen. Männermode sei jedoch nicht unbedingt einfacher als Frauenmode, sondern einfach «anders knifflig». Schon alleine bei der Auswahl von Socken und Manschetten.
Besteht also noch Hoffnung für den Männerrock? Van Rooijen ist skeptisch. Der Männerrock sei der jetzigen Generation Mann zu exotisch. Männer seien heute konservativer, schätzt van Rooijen die Lage ein.
Der Männerrock werde sich bei uns nicht in absehbarer Zeit durchsetzen. Dazu brauche es andere Menschen, eine andere gesellschaftliche Umgebung: «Das dauert nochmal 100 Jahre. Wir werden es nicht mehr erleben.»