Filme wohin man blickt. Aufgeteilt sind sie nach Ländern und Regionen: Frankreich, Italien, Deutschland, Schweiz, Österreich, Skandinavien, Osteuropa.
Inmitten dieser Sammlung steht Fabio Feller. Schon seit über 20 Jahren arbeitet er im kleinen Ladenlokal der Videothek «Les Videos» in der Zürcher Altstadt. Er führt vorbei an unzähligen Regalen, die vom Boden bis zur Decke voller DVD-Hüllen sind. Über 30'000 Titel seien im Angebot, sagt er.
Ein Anruf beim Regisseur
Eigentlich sei «Les Videos» viel mehr als eine Videothek. «Wir sehen uns als Archiv, als eine Art Stöberkammer, in der man sich umsehen und sich inspirieren lassen kann», sagt Feller.
Wer Filme suche solle in seinen Laden kommen. «In 95 Prozent der Fälle haben wir sie. Wenn nicht, können wir sie bestellen.» Wenn selbst das nicht funktioniere, habe er sich auch schon mit Regisseuren in Verbindung gesetzt, um einen Film aufzutreiben.
Als Videotheken noch Goldgruben waren
Gestartet ist «Les Videos» 1981, in einer Zeit als es in der Schweiz noch nicht viele Videotheken gab. Das Geschäft mit der Vermietung wuchs von Jahr zu Jahr und erreichte seinen Höhepunkt Ende der 1990er-Jahre mit dem Aufkommen der DVD.
Diese bot ein schärferes Bild und einen besseren Ton als VHS-Kassetten. Und ausserdem gab es die Möglichkeit, einen Film wie im Kino in der Originalversion mit Untertiteln zu schauen.
Kinohits wie «The Matrix», «Gladiator» oder die «Herr der Ringe»-Trilogie bescherten den Videotheken um die Jahrtausendwende traumhafte Umsätze, sagt Fabio Feller. Er habe jeweils fünf Ausgaben der Blockbuster gekauft und sie seien ständig ausgeliehen worden. «Mit diesen Einnahmen konnten wir unsere Filmsammlung quersubventionieren.»
Ein rascher Absturz
Damit war es vor gut zehn Jahren vorbei. Die Onlinevideo-Piraterie boomte, grosse Konzerne wie Apple begannen, Filme digital übers Internet zu vermieten und Netflix machte mit ihrem Pauschaltarif für viele Filmliebhaber den Gang in die Videothek gänzlich überflüssig.
«Dann ging es relativ schnell abwärts», sagt Feller. Reihum schlossen die Videotheken, grosse Ketten meldeten Konkurs an.
Mittlerweile ist in Zürich nur noch «Les Videos» übriggeblieben. Laut Fabio Feller allerdings nicht unbeschadet: «Wir mussten den oberen Stock des Ladens untervermieten und die Öffnungszeiten massiv kürzen.» Zudem habe man bei den Löhnen sparen müssen.
Das GA für DVDs
Die Videothek ist neu als Verein organisiert und kopiert seit letztem Jahr das Preismodell der Online-Konkurrenz Netflix und Co.: Mit einer Art DVD-General-Abonnement kann man sich so viele Filme und Serien ausleihen, wie man will.
Trotz gut 230 Abonnenten schreibt die Videothek aber weiter rote Zahlen und kann nur dank Spenden überleben. So schiesst eine Stammkundin zum Beispiel jedes Jahr 20’000 Franken ein.
«Wir sind voll im Trend»
Trotzdem glaubt Fabio Feller an die Existenzberechtigung von «Les Videos»: «Eigentlich sind wir ja voll im Trend. Wir machen Sharing Economy. Wir sind aber auch eine Cloud für Filme.»
Man könne die Videothek jederzeit anrufen und es sei eine Person am anderen Ende der Leitung. Über den Laden bleibe man zudem in Kontakt mit anderen Filmfans: «Wir sind eine Community.»
Aufzugeben sei derzeit keine Option, sagt Feller. Er rückt die Brille zurecht, lacht und öffnet die Ladentür für die Kundschaft. Es ist elf Uhr vormittags. Die letzte Videothek der Stadt Zürich trotzt einen weiteren Tag dem Untergang.