«Ich bin eine Kundenglücklichmacherin», steht unter Ines Spaniers Bild auf Instagram. Die 57-Jährige ist Grosshändlerin für Agrarprodukte und eines von zwölf Gesichtern der Kampagne «Ohne uns würdet ihr alt aussehen», die berufstätige Frauen im Alter zwischen 47 und 64 ins Rampenlicht rückt. Alle erfolgreich, alle in unterschiedlichen Metiers tätig.
Die Kampagne von «Palais F*luxx» – ein Online-Portal für Frauen ab 47 Jahren – will das Potenzial von älteren Frauen im Arbeitsmarkt betonen. «Viele hoch ausgebildete, motivierte Frauen über 47 werden übergangen, nicht ernst genommen, diskriminiert», sagt Silke Burmester, Gründerin des Online-Portals und Initiantin der Kampagne. Die Botschaft an die Wirtschaft sei: «Ignoriert diese Arbeitskräfte nicht!»
Eine Schweinerei
Mit dem Alter nehme der Wert der Frauen in der Gesellschaft grundsätzlich ab, sagt Burmester. Sie findet klare Worte: «Es ist eine Schweinerei, dass ältere Frauen aus der Wahrnehmung verschwinden und abgewertet werden.» Während ältere Männer als erfahren und reif wahrgenommen werden, gelten Frauen schnell als verbraucht – und würden diskriminiert, so Burmester.
Ich kenne viele 55-jährige, die quirlig sind und Drive haben – und die Jungen alt aussehen lassen.
Gemäss Zahlen des deutschen Statistischen Bundesamts bedeutet das für Frauen konkret: 14 Prozent der 45- bis 54-Jährigen erleben Diskriminierung am Arbeitsplatz. Beispiele kennt Burmester viele. Sie höre von Frauen, die sich viel bewerben, aber kein einziges Mal zum Gespräch geladen würden. Oder der Arbeitgeber wünsche sich explizit eine jüngere Mitarbeiterin.
Dies sei nicht grundsätzlich verwerflich, aber: «Ich kenne viele 55-jährige, die quirlig sind und Drive haben – und die Jungen alt aussehen lassen.»
Und hierzulande?
Von einer Altersdiskriminierung möchte Nicole Niedermann, Mitglied des Management-Teams des Kompetenzzentrums für Diversity & Inklusion (CCDI) der Universität St. Gallen, nicht sprechen. Diskriminierung impliziere, dass einer Altersgruppe bewusst geschadet werde. Dieses Bewusste sei in ihren Studien nicht nachweisbar. Doch sie bestätigt: Im Alter stehen die Chancen im Job schlechter – für Frauen gilt das noch stärker als für Männer.
Ein gutes Beispiel ist die Beförderung: «Überproportional viele jüngere Personen profitieren von einer Beförderung zwischen 31 und 40 Jahren», erklärt Niedermann. Sie zitiert Zahlen aus dem «Gender Intelligence Report 2023».
Bei Frauen stehen die Chancen, befördert zu werden, früh schlechter: In den 30ern würden Männer viel öfter als Frauen befördert. In den 40ern kämen Männer bei Beförderungen sogar doppelt so oft zum Zuge.
Ein Grund für die Benachteiligung könne die unbewusste Annahme sein, dass Frauen wegen Kindern ausfallen könnten – auch «Maybe Baby»-Bias genannt. Kriegen Frauen Kinder, würden sie nach der Geburt oft ihr Pensum reduzieren – und dieses später beibehalten. Teilzeitangestellte wiederum würden generell weniger befördert.
Karriere geht auch später
Niedermann betont, dass es für die Wirtschaft wichtig wäre, das Augenmerk auf Frauen über 40 zu legen. Zu spät für eine Karriere? Nein! «Die Forschung zeigt, dass Menschen ab 45 richtig aufblühen, weil sie wissen, wo ihre Stärken liegen», so Niedermann.
Und eine aktuelle Befragung zeige, dass Frauen sich weiterentwickeln wollen. Arbeitgeber müssten ihre weiblichen Talente ü40 nur kennen und bewusst fördern.