Wie wir Menschen mit Tieren umgehen, ist für den reformierten Pfarrer Christoph Ammann ethisch relevant. Die Theologie habe dieses Thema aber kaum aufgegriffen. Für ihn als Christ ein Widerspruch. «Die Theologie hat sich nur für den Menschen interessiert, für seine Beziehung zu Gott», sagt der Tierethiker.
Der Mensch sehe sich als Ebenbild Gottes, erklärt Theologe Ammann. Von dieser Ähnlichkeit leite er besondere Rechte ab und legitimiere damit die Herrschaft über Tiere und die gesamte Schöpfung.
Historisch gesehen hat das Christentum den Unterschied zwischen Menschen und Tieren nicht erfunden. «Nicht nur in der jüdisch-christlichen Tradition sahen sich Menschen als ganz besonderes Tier», sagt Christoph Ammann. Wegen ihrer Vernunftbegabung hätten sich Menschen in vielen Kulturen über Tiere gestellt.
Der Mensch will kein Tier sein
Das Christentum habe dazu beigetragen, die Differenz immer wieder zu betonen. Die Ebenbilder Gottes sollten sich nicht wie Tiere verhalten, so Ammann. «Vernunft und Verstand waren gefragt, Gefühle und Körper hingegen wurden abgewertet.»
Diese christlich geprägte Idee habe mitgeholfen, Tiere als Ressource anzusehen und nicht als Wesen mit einer eigenen Würde, ist der Tierethiker überzeugt.
Es gab aber auch andere Stimmen. So kritisierte Franz von Assisi im 13. Jahrhundert die menschliche Herrschaft über die Tiere. Er nannte Tiere «Schwestern» und «Brüder». Sie waren für ihn Teil der göttlichen Familie.
Die Eselin spricht
Auch in der Bibel gibt es Textstellen, die Tiere wertschätzen. Im 4. Buch Mose schlägt Bileam zwar seine Eselin, doch das Tier rettet sein Leben. Und die Eselin erkennt Gott. Sie darf sprechen und kann als Prophetin angesehen werden. Diese Bibelstelle hat keine Karriere gemacht. Im Gegensatz zu: «Macht euch Erde Untertan und herrscht über die Tiere.»
Paradies ohne Tiere
In der klassischen Theologie haben Tiere im Jenseits keinen Platz, sagt die römisch-katholische Theologin Simone Horstmann. Nur der Mensch habe nach dieser Lehrmeinung eine ewigkeitsfähige Seele. Ein Paradies ohne Tiere kann sich die Theologin aber nicht vorstellen: «Ich hoffe, Tiere im Jenseits anzutreffen.»
Simone Horstmann ist nicht allein. Immer mehr Christinnen und Christen wollen sich zusammen mit ihrem geliebten Haustier begraben lassen. «Die lehramtliche Theologie hat grosse Probleme damit, diese Wünsche theologisch zu begleiten», erzählt Horstmann. Damit stolpere die Theologie dem gelebten Christentum hinterher.
Die Theologie und die Kirchen hätten Nachholbedarf, sind sich Simone Horstmann und Christoph Ammann einig. Der reformierte Theologe setzt sich als Präsident des Arbeitskreises Kirche und Tiere dafür ein.
Wenn es darum gehe, Fleischkonsum zu reduzieren, um das Klima zu retten, seien Kirchen heute offener gegenüber Tierethik, sagt Ammann. Der Theologe wünscht sich mehr Engagement: «In den Kirchgemeinden wird viel gekocht. Dort sollte vegane Küche normal sein.»
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