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Mal tief Luft holen: Eine kulturelle Annäherung an die Pause
Aus Kultur-Talk vom 29.11.2023. Bild: © KEYSTONE / CHRISTIAN BEUTLER
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Wundermittel Pause machen Wie Zigarettenpausen und Co. unsere Kreativität beflügeln

Die Pause ist wie die Luft zum Atmen: lebensnotwendig und persönlich. Die Journalistin Andrea Gerk nähert sich ihr in kurzen Essays.

Eigentlich scheint eine Pause eine klare Sache: «Eine Pause ist eine Unterbrechung von einer Tätigkeit, die wir machen», erklärt Journalistin Andrea Gerk, die gemeinsam mit der Illustratorin Moni Port das Buch «Pause! Das kleine Glück dazwischen» kreiert hat. «Diese Tätigkeit soll nach der Pause weitergeführt werden.» Oft vermute man, die Pause diene der Erholung. Das greife jedoch zu kurz: «Pausen haben viele Funktionen.»

Wieso gibt es die Pause überhaupt?

In unserer Leistungsgesellschaft haftet der Pause schnell das Stigma der Faulheit an. Diese Pausenskepsis hat Andrea Gerk veranlasst, dieses Buch zu schreiben. Denn selbst in den Pausen sei unterdessen Effizienz und Tätigkeit oberstes Gebot: «Der deutsche Philosoph Ralf Konersmann spricht davon, dass wir in einer Kultur der Unruhe leben, wo sogar die Musse nur der Wiederherstellung von Arbeitskraft dient», so Andrea Gerk.

Zwei Kinder essen au einer Jausenbox
Legende: Bereits die Schulpause ist durchgetaktet: Die Kinder bereiten sich auf die nächste Unterrichtsstunde vor, wechseln das Klassenzimmer und essen – wenn die Zeit ausreicht – schnell einen Bissen aus ihrer Znünibox. IMAGO / Pond5 Images

Sie nähert sich der Pause in verschiedenen Essays aus kultureller Perspektive. So zum Beispiel der Arbeitspause. Sie sei eine Erfindung der Industrialisierung, führt Andrea Gerk aus. «Vor der Industrialisierung waren die Arbeitsabläufe von Jahreszeiten oder von kirchlichen Feiertagen bestimmt.»

Die Arbeitspause: Eine Erfolgsgeschichte seit 1873

In der Industrialisierung habe es erst keine Pausen mehr gegeben – auch Kinder hätten bis zu 18 Stunden durchgearbeitet. «Den Gewerkschaften verdanken wir kürzere Arbeitszeiten und regelmässige Pausen», so Gerk. «Die erste Pausenregelung in einem Tarifvertrag in Deutschland gab es 1873 beim Verband der Deutschen Buchdrucker.»

Unterdessen ist das Recht auf Pausen gesetzlich verbrieft. «Wobei es kein Recht auf eine Zigarettenpause gibt», bemerkt Gerk. «Dabei ist sie ein Kind der Industrialisierung – rasch bereit und schneller geraucht als eine Zigarre oder Pfeife». Im Lauf der Zeit sei die Zigarette zum Symbol der gehetzten Arbeitszeit geworden.

Ein Bauarbeiter bei der Raucherpause
Legende: Heiss geliebt, aber gesetzlich nicht geregelt: die Zigarettenpause. KEYSTONE/Martin Ruetschi

Eine Pause, die der Regeneration dienen sollte, ist der Schlaf. «Schlaf ist ein Hineinkriechen des Menschen in sich selbst», formulierte bereits der deutsche Lyriker Friedrich Hebbel im 19. Jahrhundert. Wie schnell Pausen scheitern können, wissen alle, die sich in der Nacht unruhig im Bett hin- und herwälzen.

Die Pause ist der entscheidende Moment

Eine wichtige Rolle kommt der Pause in der Musik zu. Der französische Komponist Claude Debussy sagte: «Musique c’est ce qu’il se passe entre les notes.» Das, was zwischen den Noten passiere, sei das Entscheidende für die Musik. «Ohne Pausen gäbe es keine Musik», fasst Gerk zusammen.

Portrait von Claude Debussy
Legende: Musik besteht nicht nur aus Noten – sondern auch aus den Pausen dazwischen. Für den Komponisten Claude Debussy waren diese Momente unentbehrlich in seinen Stücken. IMAGO / Everett Collection

Eine Pause sei etwas anderes als Stille, bemerkte bald einmal der US-amerikanische Komponist John Cage und baute die Stille gleich in seine Musik ein. «Mit Cage wird die vermeintliche Pause selbst zum Akt des Hörens», sagt Andrea Gerk.

Pause mit Schildkröte und Esel

Die Buchautorin zitiert ausserdem die Musikerin Judith Holofernes, die sagte, während einer tiefen Krise habe sie ihr Nichtstun gerettet. «Sie schreibt sich dieses Nichtstun als kreative Pause bis heute in den Kalender», sagt Andrea Gerk. «Sie kocht sich dann auch keinen Tee.» «Schildkröteln» nennt der Kabarettist Gerhard Polt die kreative Pause auf dem Sofa.

Wie man Pause mache, sei letztlich Teil der Persönlichkeit. «Eine Freundin von mir geht dann immer mit einem Esel spazieren», sagt Andrea Gerk. «Das ist für sie das grösste Glück.»

Buchhinweis

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Andrea Gerk und Moni Port :«Pause! Das kleine Glück dazwischen». Kein & Aber Verlag, 2023.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Talk, 29.11.2023, 9:03 Uhr

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