Eigentlich scheint eine Pause eine klare Sache: «Eine Pause ist eine Unterbrechung von einer Tätigkeit, die wir machen», erklärt Journalistin Andrea Gerk, die gemeinsam mit der Illustratorin Moni Port das Buch «Pause! Das kleine Glück dazwischen» kreiert hat. «Diese Tätigkeit soll nach der Pause weitergeführt werden.» Oft vermute man, die Pause diene der Erholung. Das greife jedoch zu kurz: «Pausen haben viele Funktionen.»
Wieso gibt es die Pause überhaupt?
In unserer Leistungsgesellschaft haftet der Pause schnell das Stigma der Faulheit an. Diese Pausenskepsis hat Andrea Gerk veranlasst, dieses Buch zu schreiben. Denn selbst in den Pausen sei unterdessen Effizienz und Tätigkeit oberstes Gebot: «Der deutsche Philosoph Ralf Konersmann spricht davon, dass wir in einer Kultur der Unruhe leben, wo sogar die Musse nur der Wiederherstellung von Arbeitskraft dient», so Andrea Gerk.
Sie nähert sich der Pause in verschiedenen Essays aus kultureller Perspektive. So zum Beispiel der Arbeitspause. Sie sei eine Erfindung der Industrialisierung, führt Andrea Gerk aus. «Vor der Industrialisierung waren die Arbeitsabläufe von Jahreszeiten oder von kirchlichen Feiertagen bestimmt.»
Die Arbeitspause: Eine Erfolgsgeschichte seit 1873
In der Industrialisierung habe es erst keine Pausen mehr gegeben – auch Kinder hätten bis zu 18 Stunden durchgearbeitet. «Den Gewerkschaften verdanken wir kürzere Arbeitszeiten und regelmässige Pausen», so Gerk. «Die erste Pausenregelung in einem Tarifvertrag in Deutschland gab es 1873 beim Verband der Deutschen Buchdrucker.»
Unterdessen ist das Recht auf Pausen gesetzlich verbrieft. «Wobei es kein Recht auf eine Zigarettenpause gibt», bemerkt Gerk. «Dabei ist sie ein Kind der Industrialisierung – rasch bereit und schneller geraucht als eine Zigarre oder Pfeife». Im Lauf der Zeit sei die Zigarette zum Symbol der gehetzten Arbeitszeit geworden.
Eine Pause, die der Regeneration dienen sollte, ist der Schlaf. «Schlaf ist ein Hineinkriechen des Menschen in sich selbst», formulierte bereits der deutsche Lyriker Friedrich Hebbel im 19. Jahrhundert. Wie schnell Pausen scheitern können, wissen alle, die sich in der Nacht unruhig im Bett hin- und herwälzen.
Die Pause ist der entscheidende Moment
Eine wichtige Rolle kommt der Pause in der Musik zu. Der französische Komponist Claude Debussy sagte: «Musique c’est ce qu’il se passe entre les notes.» Das, was zwischen den Noten passiere, sei das Entscheidende für die Musik. «Ohne Pausen gäbe es keine Musik», fasst Gerk zusammen.
Eine Pause sei etwas anderes als Stille, bemerkte bald einmal der US-amerikanische Komponist John Cage und baute die Stille gleich in seine Musik ein. «Mit Cage wird die vermeintliche Pause selbst zum Akt des Hörens», sagt Andrea Gerk.
Pause mit Schildkröte und Esel
Die Buchautorin zitiert ausserdem die Musikerin Judith Holofernes, die sagte, während einer tiefen Krise habe sie ihr Nichtstun gerettet. «Sie schreibt sich dieses Nichtstun als kreative Pause bis heute in den Kalender», sagt Andrea Gerk. «Sie kocht sich dann auch keinen Tee.» «Schildkröteln» nennt der Kabarettist Gerhard Polt die kreative Pause auf dem Sofa.
Wie man Pause mache, sei letztlich Teil der Persönlichkeit. «Eine Freundin von mir geht dann immer mit einem Esel spazieren», sagt Andrea Gerk. «Das ist für sie das grösste Glück.»